Foto Michael K. TroutDie vom Impossible Projekt in der ehemaligen Polaroid-Fabrik in Enschede produzierten Sofortbildfilme lösen bei Nutzern offensichtlich ein ganz unterschiedliches Echo aus. photoscala hat sich im Handel und bei Anwendern umgehört und auch Impossible selbst um eine Stellungnahme gebeten:

Nach dem Auslaufen der Integralfilmfertigung im Polaroid-Werk in Enschede kamen im vergangenem Frühjahr die ersten Sofortbildfilme aus dem Impossible Project auf den Markt, zu Anfang in schwarzweiß, später dann auch in Farbe. In mehreren Kommentaren zu den letzten Berichten zu Impossible wurde die Qualität der neuen Filme kritisiert, ohne jedoch auf die jeweiligen Rahmenbedingungen bei der Aufnahme einzugehen. Ein Aufruf im photoscala-Forum, die Erfahrungen mit den aktuellen Impossible-Filmen zu schildern, blieb bedauerlicherweise bis heute ohne jede inhaltliche Resonanz.

Bei den Käufern der Impossible-Filme kann man grundsätzlich zwei Gruppen von Anwendern unterscheiden: Da sind die älteren Semester, die noch das ursprüngliche SX-70-Material kennen und auf der anderen Seite eine eher jüngere Klientel, die sich bewusst von der digitalen Fotografie und ihrer zunehmenden Perfektion distanzieren will und tendenziell eher im Umfeld der Lomographie zu verorten ist.

Foto Ronald Puhle

So schreibt Ronald Puhle aus Berlin: „Ich nutze ausschließlich das PX600-Material und experimentiere damit, mal mit und mal ohne Kamerablitz. Gerne suche ich die Grenzen des Films. Sprich: Ich nutze möglichst viel ‚normales‘ Sonnenlicht und provoziere sogar Bewegungsunschärfen während der Aufnahme. Das Impossible-Material ist ein kreativer Film, der für mich mit dem alten Polaroid-Film nicht vergleichbar ist. Dazu kommen die Temperaturabhängigkeit und der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Tonung. Ob eine Aufnahme ‚gelingt‘ oder nicht, hat viel mit ‚Glück‘ zu tun und ist immer eine Überraschung für mich und macht mir genau deshalb Spaß.“

Fotos Monika Andrae

Auch Monika Andrae aus Hannover betont den experimentellen Charakter des Filmmaterials: „ Ja – die Materialien sind zunächst nur bedingt berechenbar. Und ja, es geht ihnen die sonst – besonders im Zeitalter der Digitalfotografie – so hochgehaltene Perfektion ab. Aber eben darum birgt die Beschäftigung mit den neuen alten Filmen ein extremes Lern- und Spaßpotential. Wer damit arbeitet, lernt flexibel mit dem Material und seiner eigenen Ausdrucksweise umzugehen. Wer sich wirklich für das Medium interessiert, kann viel über Sofortbildfotografie und die dazugehörige Filmtechnologie lernen. Wer Impossible-Filme nutzt, muss mit Einschränkungen umgehen können. Andererseits – sind es nicht gerade Einschränkungen, die der Kreativität in der Regel am Besten auf die Sprünge helfen? Meiner Meinung nach ist die Art und Weise, wie die Impossible-Leute, Ihre Kunden an der Entwicklung neuer Materialien teilhaben lassen, beispiellos.“

Michael K. Trout schreibt: „Warum ich die Filme von Impossible nutze? Dafür gibt es mehrere Gründe, die in sich vielleicht widersprüchlich erscheinen mögen, für mich jedoch insgesamt wieder schlüssig sind: Der Fotograf wird vom Anspruch des Perfekten bereits durch das Filmmaterial befreit. Es gibt kein anderes Material, das sich alleine durch manuelle (analoge) Arbeit zum Unikat verwandeln lässt. Hier steht in erster Linie der Emulsionslift. Die Ergebnisse sind nur in einem gewissen Maß planbar – nicht selten aber auchn Produkte des Zufalls. Impossible-Filme sind ein bewusst gesetzter Kontrapunkt zu einer Fotografie, die seit über 150 Jahren von einem Drang zur Perfektion beherrscht wird. Dabei muss man jedoch feststellen, dass wirklich perfekte Aufnahmen nur einem geringen Teil der Fotografen gelingt. Mich fasziniert das Unvorhersehbare der Filme.“

Foto Chris Marquardt

Chris Marquardt aus Tübingen hebt die Besonderheiten des neuen Filmmaterials hervor: „Was Impossible da auf die Beine gestellt hat, ist aus meiner Sicht einmalig. Wer den Mut hat, sich auf solch eine ungewisse Reise zu begeben, die letzte Polaroid-Fabrik zu kaufen und mit neuen Rezepturen die gar nicht mal so alte Sofortbildfotografie auf ein neues Level zu heben, der verdient Respekt. Die neuen Filme sind durchaus eine Herausforderung, die man erst mal meistern muss. Wie auch bei anderen Medien sind hundertprozentige Erfolge auf den ersten Schuss bei weitem nicht garantiert. Wer sich aber auf die Abenteuerreise einlässt, der wird am Ende mit kreativen Möglichkeiten belohnt, die er so an anderer Stelle nicht findet.“

Foto Rommel Pecson

Rommel Pecson aus den USA sagt, dass ihn der PX70-Push-Film an den alten SX70-Film erinnere, während der PX600-UV-Film aus seiner Sicht hinsichtlich Kontrast und Tonwerten phänomenal sei. Beide Filme seien jedoch empfindlich hinsichtlich Temperaturwechsel und Licht. Wer diese Einflussfaktoren kontrollieren könne, habe die Chance auf ein außergewöhnliches Bildergebnis. Man müsse zugestehen, dass die Filme manche Einschränkungen hätten, was auch damit zusammenhänge, dass die Entwicklung der Impossible-Filme von Grund auf vollständig neu erfolgt sei. Er glaubt, dass Impossible auf dem richtigen Weg ist, in Zukunft Filme zu produzieren, welche die Kunden von Polaroid gewohnt gewesen seien.

In diesem Zusammenhang scheint erwähnenswert, dass es auch in der Vergangenheit bei der Integralfilmfertigung von Polaroid eine beachtliche Ausschussquote gegeben hat. Da wurden ganze Chargen von fertig konfektionierten Filmpacks aus dem Verkehr gezogen und mitunter teilweise wiederverwertet, vielfach aber wohl auch entsorgt. Man muss sich die Fertigung in Enschede wie eine große „Black Box“ vorstellen, bei der eine Kontrolle der Produktionsergebnisse erst nach dem vollständigen Abschluss des Produktionsvorgangs möglich ist.

Das Impossible Project, das ja auf die Unverkäuflich GmbH zurückgeht, deren Anliegen und Geschäftszweck es war, spezielle Chargen der Integralfilmproduktion für den künstlerischen Einsatz zu vermarkten, verkauft nun auch die Ergebnisse einzelner Stufen der neuen filmtechnologischen Entwicklung. Nicht jeder Käufer ist damit einverstanden. Gerade die früheren Polaroid-Nutzer sind von dem heute verfügbaren Filmmaterial oftmals enttäuscht. Dies bestätigten auch stationäre Fotohändler wie Foto Hund im badischen Offenburg, wo man jedoch ein deutlich steigendes Interesse bei jugendlichen Käufern feststellte, die Impossible-Filme gerade wegen ihrer nicht vorhandenen Perfektion nutzen: Lomo-Instant, gewissermaßen.

Dass die Filme des Impossible Projects weder gut noch schlecht sind, meint Michel Jones. Es sei ein experimentelles Medium, mit dem man auf neue Weise spielen müsse. Die Farben und Tonwerte könnten durch die Umgebungstemperatur gesteuert werden, bei kälteren Temperaturen werde das Bild heller, bei höheren Temperaturen dunkler. Habe der Film den gewünschten Farbton erreicht, könne man die Entwicklung stoppen, indem man die Filmchemie durch Öffnen des mehrschichtigen Filmmaterials der Luft aussetze, wie hier beschrieben. Die meisten Nutzer, die Probleme mit dem Film hätten, würden nicht so recht wissen, wie sie mit dem Film „spielen“ müssten. Es sei schon ein gewissermaßen erzieherischer Prozess, durch Versuch und Irrtum die Filmchemie verstehen zu lernen. Für die Zukunft erwartet er, dass die Filme zunehmend stabiler würden und die Farben schöner. Beim folgenden Beispiel linker Hand sei die Temperatur ein wenig zu hoch gewesen, wohingegen die Ergebnisse bei optimaler Umgebungstemperatur so aussähen wie im Beispiel rechts:
 

Fotos Michel Jones

© Michel Jones

 

Foto Michael K. Trout

Vom Impossible Project in Wien schließlich erhielten wir die folgende Stellungnahme:

„1. Impossible-Filme sind keine Polaroidfilme! Polaroidfilm war hochstandardisierter Film, den die Anwender seit Jahrzehnten gewohnt sind. Impossible Filme hingegen sind etwas völlig Neues, ein sich nach wie vor in Entwicklung befindliches, experimentelles und künstlerisches Material – mit dementsprechenden Einschränkungen, aber auch ganz eigenen Charakteristika und Qualitäten.

2. Letztere kommen nur zum Vorschein, wenn man die Regeln beachtet, wie Impossible Filme zu verwenden sind. Werden diese nicht angewandt, sind die Ergebnisse frustrierend. Wendet man sie jedoch konsequent an, erhalten nicht nur wir, sondern auch viele unserer Kunden großartige Resultate.

3. Neben diesen eigentümlichen und künstlerischen Filmen, die das Resultat unserer inzwischen zweijährigen, extrem herausfordernden (und ursprünglich unmöglich – impossible – erscheinenden) Pionierarbeit darstellen, ist es natürlich unser Bestreben, mittelfristig Filme zu produzieren, die den zuletzt von Polaroid produzierten Filmen in Handhabung und Resultaten ähnlich sind.“

(CJ)