Dezember, das ist der Monat der Entscheidung. Welches Fotobuch schenken wir zu Weihnachten? Und welches wünschen wir uns von unseren Liebsten? Unsere monatliche Bücherschau stellt wieder einige besonders schöne Neuerscheinungen vor:

 

Foto vom Hüttenwerk Vitkovice 1925
 
 
Foto vom Hüttenwerk Vitkovice heute

Hüttenwerk Vitkovice 1925 und heute

Der erste Band, den wir präsentieren wollen, beschäftigt sich mit dem Wandel der Stadt am Beispiel Ostravas. „Cerna hvezda. Schwarzer Stern“ versammelt in Ostrava entstandene Bilder von Kim Bouvy, Kai-Olaf Hesse, Bernd Langmack, Andreas Mader, Arwed Messmer, Peter Oehlmann und Christian von Steffelin. Ostrava, die drittgrößte Stadt Tschechiens, befindet sich in einem Prozess starker Veränderung. Die Zeugnisse der industriellen Geschichte der Stadt verschwinden zusehends – das Stadtbild änderte sich in den vergangenen Jahren dramatisch. Der im Verlag für Moderne Kunst erschienene Fotoband ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Fotografen, Historikern, Bürgern der Stadt Ostrava, Schriftstellern und Architekturhistorikern.

Ostrava wandelt sich, verändert sein Bild vollkommen. Anders dagegen der Bodensee. Hier geht das Leben einen ruhigen Gang. Schon Hermann Hesse wusste, das es sich hier gut leben lässt, wie das Buch „Hermann Hesse. Jahre am Bodensee – Erinnerungen, Betrachtungen, Briefe und Gedichte“ offenbart. Der im Insel Verlag erschienene Band zeigt in vielen Bildern Hesses Leben am Bodensee zwischen 1904 und 1912. Damals lebte der Schriftsteller in Gaienhofen, sein erster Roman „Peter Camenzind“ hatte ihn gerade bekannt gemacht. Es macht Freude, sich mit dieser Region im Süden Deutschlands zu beschäftigen – eine vielfältige See- und Alpenlandschaft, ein wunderbares Lese- und Bilderbuch.
 

Foto Benjamin Katz: Georg Baselitz

Benjamin Katz: Georg Baselitz

 
Auch dieses Buch eignet sich bestens zum Verschenken: „Benjamin Katz. Photographien“, erschienen bei Wienand, ist ein schmales Bändchen, das Künstlerporträts des Kölner Fotografen vorstellt. Katz ist so etwas wie der Chronist der deutschen Kunstszene: Er ist ein freundlicher Fotograf, ein Freund der Künstler, die er ohne viel Brimborium mit seiner Leica ablichtet. Neben Künstlerbildnissen versammelt der Band auch wundervolle Reisefotografien.
 

Foto Sam Shaw: Marlon Brando, Los Angeles 1959

Sam Shaw: Marlon Brando, Los Angeles 1959

 
Ein deutlich opulenteres Buch Sam Shaws versammelt ebenso Portrait-Aufnahmen – Ikonen der Filmgeschichte wie Marlon Brando, Paul Newman, Audrey Hepburn, Sidney Poitier oder Marilyn Monroe, mit denen der 1999 verstorbene Fotograf zum Teil sehr eng befreundet war. Und so wirken auch seine Bilder: spontan, sympathisch, unverstellt. Sam Shaw – Erinnerungen von Lorie Karnath.
 

Foto Classic Africa by Michael Poliza

© Classic Africa by Michael Poliza, published by teNeues. Photo © 2010 Michael Poliza

 
Wer noch tiefer in die Geldbörse greifen möchte, der könnte „Classic Africa“ von Michael Poliza verschenken. Das Buch ist zwar nicht eben günstig, aber es ist seine 98 Euro wert – gesetzt den Fall, man interessiert sich für die Tierwelt Afrikas und den klassisch-zeitlosen Look von Polizas Wildlife-Fotografie. Polizas Arbeit ist auch ein Appell für Artenschutz: „Wir müssen uns bewusst werden, dass das ursprüngliche Afrika heute bedroht ist. Immer mehr Arten verlieren ihren Lebensraum. Wie schön wäre es, wenn wir es schaffen könnten, unser wildes Afrika – und damit einen Teil unserer eigenen Vergangenheit – möglichst lang zu erhalten.“
 

Foto Gosbert Gottmann, aus der Serie „Marathon People“

Gosbert Gottmann, aus der Serie „Marathon People“

 
Eine etwas ältere Serie des Frankfurter Fotografen Gosbert Gottmann wird nun noch einmal als Buch aufgelegt. Und das zu Recht: Denn „Marathon People“, Gottmanns Serie über Marathon-Läufer, hat bis heute nichts von ihrer Schlagkraft eingebüßt. Diese Bilder sind grell, schockierend und bissig, den Gesichtern scheint Leid und Angst eingeschrieben. Gottmann: „Es ist schon eine bemerkenswerte gesellschaftliche Entwicklung, dass seit Beginn der 90er Jahre die Anzahl der Menschen, die an Stadtmarathonläufen und anderen ‚Laufevents‘ teilnehmen geradezu explodiert ist – und man kann sich schon die Frage nach dem Warum stellen. Oft meinen die Teilnehmer, damit ihr ‚eigenes Ding‘ zu machen. Unterstellt, dies träfe zu, könnte man einen sehr starken Willen vermuten, sich den alltäglichen, offensichtlich sehr bedrängenden Lebensumständen entziehen zu müssen.“
 

Foto Neil Leifer, Goat / Taschen. Aufnahme 1966

Eine dramatische, perfekte Aufnahme von Neil Leifer, die gemeinhin als eine der besten Sportaufnahmen aller Zeiten gilt. Zu sehen sind Cleveland Williams nach einem Knockdown und, im starken Kontrast dazu, Ali in Siegerpose beim Titelkampf von 1966. Leifers Aufnahme entstand im Houston Astrodome; die 25 m über dem Ring postierte ferngesteuerte Kamera löste er im perfekten Moment aus.
Neil Leifer, Goat / Taschen. Aufnahme 1966

 
Um beim Sport zu bleiben. Über Muhammad Ali sind in den vergangenen Jahren viele Bücher erschienen. Jetzt liegt ein neues in den Buchhandlungen – ein veritables Schwergewicht, das auf hunderten von Seiten den ikonischen Boxer vorstellt. „G.O.A.T. Greatest of All Time – A Tribute to Muhammad Ali“ ist ein Riesenband, der auf beinahe 700 Seiten den Boxer und Menschen Ali in wirklich allen Facetten beleuchtet. Großartige Fotos treffen exzellente Texte und Reproduktionen von Plakaten – und das zu einem Preis, der immerhin unter 100 Euro bleibt. Der Wälzer steckt übrigens in einem praktischen Bücherkarton mit Haltegriff.

Von ganz anderer Art ist Barbara Metselaar Bertholds Buch „Albatros“. Der Band stellt Fotografien vor, die zwischen 1971 und 2010 entstanden sind: Straßenszenen, Porträt-Serien des Freundeskreises, Blicke auf das Szeneleben des Prenzlauer Bergs, Bilder aus der DDR, welche die Fotografin 1984 in Richtung Westen verließ. Stille, ernste Fotografien, die noch bis zum 27. März in der Ausstellung „Filetstücke – Vexierbilder Berlin Mitte“ im Berliner Ephraim-Palais zu sehen sind.

(Marc Peschke)