Auch in diesem Monat stellen wir Ihnen in unserer Kolumne „Foto-Frisch“ die schönsten Fotobücher und Ausstellungen dieser Wochen vor:

In der vergangenen Ausgabe von Foto-Frisch beschäftigten wir uns mit dem Reisen – und auch diesmal ist das erste Buch, das wir vorstellen möchten, ein Reise-Fotobuch: „Meine asiatische Reise. Fotografien und Texte aus einer Welt, die es nicht mehr gibt“ von Tiziano Terzani versammelt Texte und Bilder des berühmten „Spiegel“-Autors. Auch als Fotograf weiß Terzani zu überzeugen: Seine Fotografien aus Indien, China, Thailand, Vietnam, Japan und Tibet – Bilder einer vergangenen Epoche – sind bisweilen von atemberaubender Schönheit. Das Buch wurde von Terzanis Sohn Folco zusammengestellt.
 

Foto Stan Shaffer: „Jane Hitchcock with her daughter Serena, 1972“

Stan Shaffer: „Jane Hitchcock with her daughter Serena, 1972“. Aus „You Should Have Been With Me“, published by teNeues. Photo © Stan Shaffer Estat

 
Auch der Band „You Should Have Been With Me“ von Stan Shaffer entführt in eine vergangene Zeit. Der in diesem Jahr verstorbene Shaffer war Wegbegleiter von Andy Warhol, Jerry Hall, Carla Bruni und Uma Thurman – ein Starfotograf mit sehr feinen Antennen, der in den sechziger und siebziger Jahren auf keiner heißen Party New Yorks fehlte. Originell!
 

Titelseite „Anywhere“ von Thomas Wrede

 
Schon öfter haben wir auf das komplexe, spannende Werk des Fotografen Thomas Wrede hingewiesen (siehe auch unser Interview mit dem Künstler: Imagination ist in Halluzination umgeschlagen). Jetzt ist ein neuer Bildband erschienen, zudem zeigen zwei Ausstellungen in der stiftung kunst:raum sylt quelle und im Museum Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr bis zum 16. Januar 2011 eine große Auswahl aus Wredes Werk. „Ich sehe die Welt als Modellbausatz, als große Inszenierung, als Bild und Nachbildung“ sagt Wrede über seine Arbeiten, die der bei Kehrer erschienene Katalog „Anywhere“ vorstellt.
 

Bildpaar aus der Gegenüber-Ausstellung „Auf Leben und Tod“

Robert Lebeck (*1929, lebt in Berlin), Jackie Kennedy und Lee Radziwill am Sarg von Robert Kennedy, New York, 1968, Bildgröße: 56×37,5 cm, Blattgröße: 60×50 cm, späterer Abzug, Teutloff Photo + Video Collection, Bielefeld
Meister der hl. Sippe d.J. (tätig in Köln, um 1480 – um 1520) und Werkstatt, Beweinung Christi, um 1483-1485, Mischtechnik auf Eichenholz, 120×78,5 cm, Wallraf-Richartz- Museum & Fondation Corboud, Köln

 
Ein wahrlich interdisziplinäres Buch ist „Auf Leben und Tod. Der Mensch in Malerei und Fotografie“, das parallel zu einer Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum erschienen ist. Das Buch führt in Bildern und Texten Arbeiten von etwa Helmut Newton & Ingres, Nan Goldin & François Boucher, Jürgen Klauke & Tizian, Paul McCarthy & Wilhelm Leibl oder Jack Pierson & Bartholomäus Bruyn d. Ä. zusammen: fünfzig ungewöhnliche Dialoge von zeitgenössischer Fotografie und klassischer Malerei. Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Januar 2011 zu bewundern – das Buch ist perfekt gedruckt und bei Hirmer erschienen.
 

Foto Nadav Kander: Chongqing IV (Sunday-Picnic)

Nadav Kander: Chongqing IV (Sunday-Picnic)

 
Nadav Kanders Buch „Yangtze – The Long River“, erschienen bei Hatje Cantz, ist ein Dokument von besonderem Wert. Kander fotografiert China im Umbruch, dokumentiert den Wandel der Landschaft des Jangtse vor Inbetriebnahme des riesigen Damms. Der 1961 in Israel geborene Fotograf zeigt eine Landschaft in der Veränderung, darin Menschen, die diese in stummer Hilflosigkeit verfolgen. Ein Land strebt nach Fortschritt und kappt damit seine eigene spirituelle Vergangenheit – ein erschreckendes, denkwürdiges Buch. Ab 15.1.2011 sind Kanders Arbeiten in der Berliner Galerie Camera Work ausgestellt.
 

Foto Luca Campigotto: Tierra del Fuego, Patagonien, Argentinien, 2000

Luca Campigotto: Tierra del Fuego, Patagonien, Argentinien, 2000

 
Luca Campigottos Band „My Wild Places“, ebenfalls erschienen bei Hatje Cantz, zeigt nicht die Zerstörung der Natur, sondern ihre Kraft und Schönheit. Der italienische Fotograf offenbart uns die Natur in ihrer Großartigkeit und Erhabenheit: die Magellanstraße, Patagonien, Marokko, die Alpen, die Osterinseln bis zu den Gletschern des Sarek Nationalparks in Lappland: heroische Landschaften, gewaltige Szenerien. Das Museo Fortuny in Venedig präsentiert bis zum 9. Januar 2011 seine Arbeiten.
 

Foto Peter Lindbergh: Michaela Berko, Linda Evangelista, Kristen Owen

Peter Lindbergh: Michaela Berko, Linda Evangelista, Kristen Owen. Comme des Garcons, Pont a Mousson Factory, Nancy, France, 1988

 
Peter Lindberghs Buch „On Street“ (PDF-Datei) begleitet eine Ausstellung bei C/O Berlin, die bis zum 9. Januar zu sehen ist. Der 1944 geborene Mode- und Portrait-Fotograf gehört zu den bekanntesten Lichtbildnern unserer Zeit. Und zurecht: Seine in Vogue, Vanity Fair, Marie Claire, Harper’s Bazaar oder im New Yorker erschienenen Arbeiten sind Ikonen der Modefotografie – er war einer der ersten Fotografen, die an der Grenze zwischen dokumentarischer und inszenierter Photographie arbeiteten. Das Buch beinhaltet auch einen lesenswerten Text von Klaus Honnef, der resümiert: „Lindbergh hat ästhetische Maßstäbe gesetzt – und sie durchbrochen. Konventionell waren seine Bilder nie.“
 

Zwei Arbeiten von Bianca Brunner

Zwei Arbeiten von Bianca Brunner

 
Lindbergh ist weltbekannt, Bianca Brunner noch nicht. Die junge Schweizer Fotokünstlerin hat jetzt ihre erste Monografie vorgelegt, ein schmaler Band stimmungsvoller Fotoarbeiten, der Lust macht auf mehr. Das Bündner Kunstmuseum Chur zeigt bis zum 21. November eine Ausstellung der Künstlerin.
 

Foto Bastienne Schmidt, aus der Serie „Home Stills“
 
 
Foto Bastienne Schmidt, aus der Serie „Home Stills“

Bastienne Schmidt, aus der Serie „Home Stills“

 
„Wie sehr sind unsere Vorstellungen von weiblicher Identität von (Zerr-)Bildern populärer Kultur überlagert und geprägt?“ Fragt die Fotografin Bastienne Schmidt – und versucht, die Frage in ihrem Buch „Home Stills“ zu beantworten. Ihr Stilmittel ist die Persiflage: In langer Tradition seit Cindy Sherman variiert sie altbekannte Bilder des Weiblichen, durchzogen von einer melancholischen, sehr subjektiven Stimmung.
 

Foto Tomas Feininger: Andreas bei der Arbeit, New York 1941

Tomas Feininger: Andreas bei der Arbeit, New York 1941

 
Und nochmal ein Klassiker: „Andreas Feininger. Ein Fotografenleben 1906-1999“ stellt das Werk Feiningers vor, eines Fotografen, der sowohl in technischer als auch bildkünstlerischer Hinsicht stilbildend wirkte. Die Biografie veranschaulicht Leben und Werk des Sohnes von Lyonel Feininger, seine Zeit am Bauhaus, die Jahre der Emigration und sein Leben in den USA. Das Zeppelinmuseum Friedrichshafen präsentiert bis zum 9. Januar eine Retrospektive.
 

Foto Rainer W. Schlegelmilch: 1963 GP Holland (Zandvoort), Jim Clark, Graham Hill, Bruce McLaren

Rainer W. Schlegelmilch: 1963 GP Holland (Zandvoort), Jim Clark, Graham Hill, Bruce McLaren. Aus „The Golden Age of Formula 1“, published by teNeues. Photo © 2010 Rainer W. Schlegelmilch. All rights reserved.

 
Und auch „The Golden Age of Formula 1“ von Rainer W. Schlegelmilch führt uns zurück in die Vergangenheit. Ein Buch, das Freunde des klassischen Motorsports verzaubern wird und auch unter dem Weihnachtsbaum eine gute Figur macht. Die goldene Zeit der Formel 1 ist die Zeit von Fahrern wie Jim Clark, Jacky Ickx und Jack Brabham – sie alle hat Schlegelmilch seit 1962 fotografiert, ganz nah am Geschehen: Bilder voller Dramatik und nostalgischem Glamour.

(Marc Peschke)