Foto Arthur Köster: Kaufhaus Schocken, Stuttgart 1928Wir wissen es: Die erste Fotografie überhaupt, Joseph Nicéphore Niépces „Blick aus dem Fenster des Arbeitszimmers im Maison Le Gras“ von 1827, war ein Architekturbild. Und auch die Fotografie-Geschichte war lange Zeit eine Geschichte der Architekturfotografie – vor allem, weil die langen Belichtungszeiten der archaischen Apparaturen keine bewegten Motive zuließen: So hatte etwa Niépces Fotografie eine Belichtungszeit von über acht Stunden:

Beide künstlerische Medien, Fotografie und Architektur, wurzeln – mehr als alle anderen – in der Wirklichkeit und orientieren sich an ihr. Bauwerke müssen sich an den Anforderungen ihrer Benutzer messen lassen, wachsen aber im besten Fall über ihre Funktion, also über die Wirklichkeit hinaus. Im Laufe der Zeit entwickeln sie eine eigene Geschichte. Genauso ist die Fotografie an die Wirklichkeit gebunden – ihr Hell-Dunkel, ihre Farben und Formen finden sich in ihr wieder.
 

Foto: J. Pascal Sebah, Portique du Temple d‘Esmeh um 1880

J. Pascal Sebah, 1838-1890, Portique du Temple d‘Esmeh um 1880, Albuminpapier. © SMB, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
 
 
Foto: August Oppenheim, Frauenkirche, Dresden 1854

F. August Oppenheim, Lebensdaten unbekannt, Frauenkirche, Dresden 1854, Albuminpapier. © SMB, Kunstbibliothek, Sammlung Fotografie

 
„Ein neuer Blick. Architekturfotografie aus den Staatlichen Museen zu Berlin“ heißt eine Ausstellung, die bis zum 5. September 2010 die Schätze der Architekturfotografie aus den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin im frisch restaurierten Kaisersaal im Museum für Fotografie vorstellt. Das jetzt erschienene Katalogbuch präsentiert die schönsten Exponate von Fotografen wie F. August Oppenheim, Eugène Atget, Albert Renger-Patzsch oder Candida Höfer: ein langer Gang durch die Fotogeschichte entlang fotografischer Architekturbilder.
 

Foto Frank Cousins: Treppenhaus in Daniel P. Parkers Mansion, Boston um 1910

Frank Cousins, 1851-1925. Treppenhaus in Daniel P. Parkers Mansion, Boston um 1910, Silbergelatinepapier. © SMB, Kunstbibliothek, Sammlung Fotografie
 
 
Foto: Heinrich Heidersberger: 1906-2006. Osramhaus, München 1966

Heinrich Heidersberger, 1906-2006. Osramhaus, München 1966, Silbergelatinepapier. Kunstbibliothek, Sammlung Fotografie. © Heinrich Heidersberger / Institut Heidersberger, Wolfsburg

 
Deutlich werden auch die verschiedenen Zwecke, die Fotografie erfüllte und bis heute erfüllt. Wir sehen ethnologische Bilder, Fotografien von Grabungsstätten in Ägypten, Bilder von Tempeln aus dem Museum für Asiatische Kunst und schließlich auch die Architekturfotografien der klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst – insgesamt 300 Bilder, welche die Gattung in ihrer Breite darstellen. Das Buch ist vollendet gedruckt und versammelt neben der Fotografien auch verschiedene Aufsätze zum Thema, vor allem zu Fragen des medialen Umgangs mit fotografischen Bildern.

(Marc Peschke)
 
 

Foto: Candida Höfer, Niederländische Botschaft II 2003

Candida Höfer, *1944, Niederländische Botschaft II 2003, Farbpapier. Kunstbibliothek, Sammlung Fotografie. © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

 
Ausstellung:
Ein neuer Blick
bis 5. September 2010
Architekturfotografie aus den Staatlichen Museen zu Berlin
Museum für Fotografie
Jebensstraße 2
10623 Berlin
 
 
Buch:
Ludger Derenthal und Christine Kühn (Hrsg.)
Ein neuer Blick: Architekturfotografie aus den Staatlichen Museen zu Berlin (bei amazon.de)
Mit Aufsätzen von Ludger Derenthal, Janos Frecot, Simone Förster, Susanne Holschbach, Stefanie Klamm, Kathrin Kohle, Christine Kühn, Barbara Lauterbach, Andrea Lesjak, Kristina Lowis, An Paenhuysen, Miriam Paeslack und Annette Philp
Verlag Ernst Wasmuth
Tübingen 2010
Gebunden. 416 Seiten
ISBN 9783803007049
48 Euro
 

Foto Arthur Köster: Kaufhaus Schocken, Stuttgart 1928

Arthur Köster, 1895-1965, Kaufhaus Schocken, Stuttgart 1928, Silbergelatinepapier. Kunstbibliothek, Sammlung Architektur. © VG Bild-Kunst, Bonn 2010