Nachbarschaft, das ist so eine Sache. Auch in fotografischer Hinsicht, wie jetzt ein neu erschienenes Buch von Andreas Herzau zeigt. Nur eine von vielen spannenden Neuerscheinungen in diesem Monat April. Außerdem empfehlen wir Fotoausstellungen in Berlin, Ratingen und München:

 

Fotos: Andreas Herzau

Fotos: Andreas Herzau

 
Ein fotografisches Thema, das uns alle angeht, ist die Nachbarschaft. Andreas Herzau hat ihr jetzt ein ganzes Buch gewidmet. Das städtische Zusammenleben ist das Sujet des 1962 geborenen Hamburger Fotojournalisten, der einige Monate in einer Reihenhaus-Anlage gelebt und fotografiert hat. Ein schönes Buch mit vielen Bildern, die ausleuchten, wie Zusammenleben im Alltag funktioniert – ergänzt um Essays über Stadtsoziologie, Architektur und Stadtplanung.
 

Karte von Sebastian Bonotti: Bocca del Vaionte  Foto aus der Serie Venedig. © Alex S. MacLean

Sebastian Bonotti: Bocca del Vaionte (Flussmündung Vaionte), 1656. © Archivio di Stato di Venezia / Serie Venedig. © Alex S. MacLean für Akademie der Künste, 2009
 
 
Entwurf für den Hafen in Koper

Marco Venturi (Venedig) und Lucka Azman (Koper): Entwurf für den Hafen in Koper, Slowenien. © Courtesy Marco Venturi-Lucka Aman

 
Einer der besten Landschaftsfotografen dieser Tage ist Alex MacLean. Im Jovis-Verlag ist soeben ein Buch mit einem Foto-Essay MacLeans erschienen, das den Titel „Wiederkehr der Landschaft“ trägt. Hier dokumentiert MacLean in atemberaubenden Luftbildern die Schönheit, aber auch die Hässlichkeit, Zerstörung und Banalität der urbanen Landschaft von Las Vegas und Venedig. Spannende Beiträge über Städtebau, Ökologie und Landschaftsentwicklung erweitern den fotografischen Blick. Die Ausstellung dazu ist noch bis zum 30. Mai in Berlin 2010 in der Akademie der Künste zu sehen.
 

Colin, Paris 2009; © Vera Mercer

Colin, Paris 2009; © Vera Mercer

 
Ganz anders die Stillleben der deutsch-amerikanischen Fotografin Vera Mercer, deren Bilder bis zum 25. April 2010 in der Kommunalen Galerie Berlin zu bewundern sind (siehe auch: Sinnlich und surreal: Vera Mercer in Berlin). Üppig, barock, delikat, feist, farblich leuchtend, mit fotografischer Finesse sind sie gestaltet. Früchte, Fleisch, Gemüse und Fisch, Gläser, Pflanzen, Blumen, all das wird hier vor allem in seiner Dekadenz, seiner Endlichkeit vorgeführt. Zur Ausstellung ist ein Katalogbuch im Kehrer Verlag erschienen.
 

Foto Dieter Nuhr, aus: Nuhr fotografiert!
 
 
Foto Dieter Nuhr, aus: Nuhr fotografiert!

Dieter Nuhr, aus: Nuhr fotografiert!

 
Dieter Nuhr, Kabarettist und Comedian, ist ein Mann, der in seinen Auftritten gerne seine Reisen zum Thema macht. Schon vor zwei Jahren ist mit „Nuhr unterwegs“ ein kleines Fotobüchlein erschienen, das Reisefotografien des 1960 geborenen Nuhr versammelte. Jetzt legt er nach – und stellt sich in seinem neuen Fotoband wieder als sensibler Beobachter des globalen Alltags vor. „Nuhr fotografiert!“ ist eine schöne Sammlung schlichter und stiller Bilder, ein Abbild sehr persönlicher Reiseerfahrungen. Aktuell sind Fotoarbeiten Dieter Nuhrs im Museum der Stadt Ratingen zu sehen.
 

Foto Fritz Eschen: Zonengrenze

Fritz Eschen: Zonengrenze
 
 
Foto Fritz Eschen: Brandenburger Tor

Fritz Eschen: Brandenburger Tor

 
Der schlichte Alltag der Menschen, das ist das Terrain, auf dem sich der 1964 verstorbene Berliner Fotograf Fritz Eschen stets bewegte. Sein jetzt erschienenes Buch „Berlin unterm Notdach. Fotografien 1945-1955“ präsentiert Bilder aus dem Berlin der Nachkriegsjahre: Wie die Menschen ihren Alltag meistern, das zeigt Fritz Eschen in seinen prägnanten Schwarzweißfotografien. Ein liebevoller, melancholischer, bewegender Blick auf den Alltag.
 

Fotos Birgitta Thaysen

Fotos: Birgitta Thaysen

 
Und noch ein Buch aus dem Heidelberger Kehrer-Verlag möchten wir Ihnen in diesem Monat ans Herz legen. Es ist „Inner Ocean“, ein kleiner Band der 1962 geborenen Düsseldorfer Fotografin Birgitta Thaysen, der Porträt-Aufnahmen versammelt: ungesehene Bilder der Einkehr, der Selbstvergessenheit.
 

Je ein Foto von Jakob Rosner und Efrem Ilani

Jakob Rosner / Efrem Ilani. Beide: © KKL / JNF Photography Archive

 
Auch eine Fahrt in den Süden lohnt in diesem Monat. Im Jüdischen Museum München ist noch bis zum 23. Mai die Ausstellung „Unbelichtet. Münchner Fotografen im Exil“ zu sehen, die Arbeiten von drei Lichtbildnern vorstellt: Alfons Himmelreich, Efrem Ilani und Jakob Rosner. In den dreißiger Jahren emigrierten sie ins damalige Palästina und dokumentierten dort in spannungsvollen Bildern den Aufbau des jüdischen Staates. Zur Ausstellung ist ein Buch erschienen.
 

Foto Eva Bertram: Kind und Puppe auf Sofa

Eva Bertram: Kind und Puppe auf Sofa

 
Nicht der Aufbau eines Staates, sondern die Entwicklung der eigenen Tochter ist das Thema von Eva Bertrams Fotobuch „2 Ein Kind – 2 One Child“. „Kindheit als Prozess des Eigensinns“, so beschreibt die Fotografin ihr Sujet – und findet ungewöhnliche Bilder dafür. Elf Jahre hat Bertram ihre Tochter Herveva fotografiert. Zu sehen sind 70 Fotografien, welche die erstaunliche Fähigkeit des Kindes zum Rollenspiel in Szene setzen. Ab 7. Mai zeigt Bertram ihre Arbeiten in der Berliner Galerie Zone B.
 

Foto Charles Fréger. Aus: Empire

Charles Fréger. Aus: Empire

 
Rollenspiel, das ist auch das Thema von Charles Fréger. Der 1975 geborene französische Fotokünstler hat mit dem Buch „Empire“ nun ein glanzvolles Beispiel seine Arbeit vorgestellt. Seine Porträts zeigen Mitglieder organisierter Verbände, Sportklubs, Armeekorps, Elitetruppen oder Garden und widmen sich dem Wechselspiel zwischen Individualität und Gruppenzugehörigkeit.

(Marc Peschke)