Das Oberlandesgericht Brandenburg hat heute ein für Fotografen wichtiges Urteil zur sogenannten „Panoramafreiheit“ gefällt: Gewerbliche Fotoaufnahmen auf dem Gelände der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sind demnach doch erlaubt – sonst könne man unbesorgt ja nurmehr in den eigenen vier Wänden und auf hoher See fotografieren:
Am heutigen Donnerstag, den 18. Februar 2010, hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in seinem Urteil (Aktenzeichen 5 U 12/09, 5 U 3/09 und 5 U 14/09) entschieden, dass gewerbliche Fotoaufnahmen, welche auf dem Gelände der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten entstehen, auch ohne eine Genehmigung der Stiftung und ohne die Zahlung einer Gebühr vertrieben werden dürfen.
Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen der Stiftung auf der einen Seite und der Fotoagentur Ostkreuz sowie dem Internetportal Fotofinder auf der anderen Seite. Die Agentur wird aufgrund der hohen Bedeutung in diesem Verfahren von FREELENS, BVPA, DJV und VERDI unterstützt. Es ging um die Frage, ob die Stiftung das Recht hat, durch die Parkbenutzungsverordnung das gewerbliche Fotografieren auf dem Gelände der Agentur zu untersagen.
Der rechtliche Hintergrund ist die sogenannte „Panoramafreiheit“ und deren Reichweite. Die Panoramafreiheit ist in groben Worten das Recht des Fotografen alles das zu fotografieren, was er von einem öffentlichen Platz oder Straße aus sehen kann (mehr dazu unter Panoramafreiheit in Gefahr).
Die Gerichte in der Vorinstanz haben noch entschieden, dass die Stiftung das Recht hat, gewerbliches Fotografieren innerhalb der Parkanlagen zu verbieten, da es sich bei dieser Anlage nicht mehr um eine öffentlichen Raum handelt, sondern um ein Gelände, auf dem der Eigentümer aufgrund des ihm zustehenden Hausrechts das Fotografieren unterbinden kann.
In der aktuellen Entscheidung des OLG Brandenburg werden diese Entscheidung verworfen und das gewerbliche Fotografieren wieder erlaubt.
Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil zur Begründung ausgeführt, dass es kein Vorrecht des Eigentümers gebe, das Bild seines Eigentums zu verwerten. Vielmehr hat auch der Fotograf das Recht, einen wirtschaftlichen Nutzen aus seinen Fotos zu ziehen. Würde nämlich die erste Ansicht weitergedacht und die Panoramafreiheit eingeschränkt, wäre nach Ansicht des Gerichts ein risikofreies Fotografieren nur noch in den eigenen vier Wänden und auf hoher See möglich. Stattdessen solle der, der nicht wolle, dass sein Eigentum fotografiert werde, den Zugang dazu verbieten und Vorkehrungen treffen, dass es nicht gesehen werden kann (Sichtschutz).
Allerdings, so führt das Gericht weiter aus, bestehe die Möglichkeit des Sichtschutzes nur für Privateigentümer. Die Stiftung selbst habe kein solches Recht. Vielmehr sei ihr das Eigentum an den Parkanlagen und Schlössern von den Ländern Berlin und Brandenburg deswegen übertragen worden, damit die Anlagen gepflegt, bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Das Oberlandesgericht hat außerdem entschieden, dass die Besucher der Parkanlagen auch nicht aufgrund der Parkordnung vertraglich verpflichtet seien, gewerbliche Aufnahmen zu unterlassen. Es finden keine Einlasskontrollen statt und die Anlagen können tagsüber ohne jede Einschränkung betreten werden. So werde der Eindruck bei den Besucher erweckt, der Zutritt sei unbeschränkt gestattet, solange sich der Parkbesucher ordentlich beträgt und die Anlagen nicht schädigt.
Da das OLG Brandenburg die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen hat und noch Rechtsmittel gegen das Urteil möglich sind, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Gleichwohl zeigt es die deutliche Tendenz, die Panoramfreiheit zu schützen und die Rechte der Fotografen zu stärken. Es wird interessant zu sehen, ob es eine Revision zum BGH geben wird. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.
(RA Tim Hoesmann)
Gut so
Ich finde das OLG hat hier sehr sinnvoll und mit gesundem Menschenverstand entschieden. Wenn eine Stiftung etwas der Öffentlichkeit zugänglich machen soll, dann kann sie nicht gut gleichzeitig der Öffentlichkeit das Recht nehmen, auch Fotos anzufertigen und zu verbreiten.
In wie weit sich dieser Gedanke auch auf andere Fälle übertragen läßt, dürfte allerdings interessant sein.
HENNIGArts
Berliner Republik schon am Ende?
Über dieses OLG-Urteil sollte jeder Fotograf lachend jubeln – wenn der Anlass nicht so bitter wäre!
Das ist die preussisch-berlinische Ausprägung des Beamten, der nicht etwa Diener seines Staates ist, sondern im Eifer über die Zugehörigkeit zur Macht und unter Freistellung von persönlicher Verantwortung den “Untertanen”, die gesichtslose Öffentlichkeit, maßregelt und ihre legitime Entfaltung drangsaliert.
In der Diktatur des (Verwaltungs-) Apparates entscheidet ein Beamter, oder eine ganze Hierarchie derer, welche zusammen in hundert “Mannjahren” noch nie etwas Kreatives und Schützenswertes erschaffen haben, was Kreative aus öffentlichen Eigentum – ohne sächliche Aneignung – machen dürfen.
Die preussischen Schlösser und Gärten sind von vorne bis hinten von Steuergeldern erbaut und unterhalten worden. Die maßregelnden Beamten – und nicht nur die maßgeblichen – werden von öffentlichen Geldern bezahlt. Und sie verwalten, als sei es ihr selbst erarbeiteter Besitz. So sehr kann Macht verblöden.
Das arme Bettelkind Preußen-Berlin braucht dringend jedes gute Bild seiner schöneren Seiten, die es in der öffentlichen Wahrnehmung bekommen kann.
Stattdessen werden gerade diejenigen gegängelt, die diese guten Bilder zuverlässig produzieren können.
Das ist schon so dumm, dass nicht nur der Geist dieser öffentlichen Verwaltung grotesk missraten sein, sondern dass auch die politische Aufsicht völlig versagt haben muss.
Der Schutz des geistigen Eigentums, des Urheberrechtes und der wirtschaftlichen Verwertung sind ein hohes Gut!
Dann aber muss gelten: Urheberschutz für Kreative, nicht für den Auswuchs amtlicher Aneignung!
in der sache …
… mögen sie recht haben. in ihrem posting steht aber auch einiges an verbitterung zwischen den zeilen zu lesen.
gruss
andreas
genau so ist es
[X] Volle Zustimmung. Die Diagnose gilt 1:1 auch für Österreich – leider!
Bravo!
[quote=Gast]Über dieses OLG-Urteil sollte jeder Fotograf lachend jubeln – wenn der Anlass nicht so bitter wäre!
Das ist die preussisch-berlinische Ausprägung des Beamten, der nicht etwa Diener seines Staates ist, sondern im Eifer über die Zugehörigkeit zur Macht und unter Freistellung von persönlicher Verantwortung den “Untertanen”, die gesichtslose Öffentlichkeit, maßregelt und ihre legitime Entfaltung drangsaliert.
In der Diktatur des (Verwaltungs-) Apparates entscheidet ein Beamter, oder eine ganze Hierarchie derer, welche zusammen in hundert “Mannjahren” noch nie etwas Kreatives und Schützenswertes erschaffen haben, was Kreative aus öffentlichen Eigentum – ohne sächliche Aneignung – machen dürfen.
Die preussischen Schlösser und Gärten sind von vorne bis hinten von Steuergeldern erbaut und unterhalten worden. Die maßregelnden Beamten – und nicht nur die maßgeblichen – werden von öffentlichen Geldern bezahlt. Und sie verwalten, als sei es ihr selbst erarbeiteter Besitz. So sehr kann Macht verblöden.
Das arme Bettelkind Preußen-Berlin braucht dringend jedes gute Bild seiner schöneren Seiten, die es in der öffentlichen Wahrnehmung bekommen kann.
Stattdessen werden gerade diejenigen gegängelt, die diese guten Bilder zuverlässig produzieren können.
Das ist schon so dumm, dass nicht nur der Geist dieser öffentlichen Verwaltung grotesk missraten sein, sondern dass auch die politische Aufsicht völlig versagt haben muss.
Der Schutz des geistigen Eigentums, des Urheberrechtes und der wirtschaftlichen Verwertung sind ein hohes Gut!
Dann aber muss gelten: Urheberschutz für Kreative, nicht für den Auswuchs amtlicher Aneignung![/quote]
Ein sehr guter Beitrag. Das sollten Sie sowohl Tageszeitungen als auch dringend dem Vorstand der Stiftung zukommen lassen!
Um welche Anlage geht es eigentlich?
Den Schlosspark in Charlottenburg? Oder etwas in Potsdam?
Danke
panoramafreiheit und street view
Gibt es eigentlich was konkretes zu Streeview und ähnlichen ‘Services’?
Gut so!
Aber leider ein sehr spezielles Urteil, kein Grundsatzurteil, inwieweit es sich auf andere Fälle übertragen lässt bleibt offen. Zum Beispiel die Veröffentlichung einer Skyline-Aufnahme einer Stadt in der ein überdimensionales Marken-Logo zu sehen ist. Die Streifen auf der Kleidung bei einer Sportveranstaltung, die Reklametafeln einer Straßenszene. Fotos veröffentlichen ist Topfschlagen in einem Minenfeld. Mindestens eine Mine hat das Gericht aber nun entfernt. Hoffentlich folgen weitere!