Waren es vor einigen Jahren die digitalen Kompaktkameras und um 2005 dann die digitalen Bilderrahmen, die sich als im Ansatz interessante Produkte in den Markt tasteten, so versuchen seit einigen Monaten die Mini-Beamer oder mobilen Digitalprojektoren, einen Fuß in den Markt zu bekommen – und quälen dabei den Benutzer mit ihren Kinderkrankheiten:

Elektronische Geräte scheinen heute auf den Markt zu kommen, sobald sie in ihren Grundfunktionen irgendwie funktionieren. Ähnlich wie Bananen, die grün geerntet und dann erst kurz vor dem Verkauf mittels Begasung künstlich gereift werden, werden elektronische Geräte teilweise schon ausgeliefert, bevor sie wirklich sinnvoll nutzbar sind.

Schon bei den kompakten Digitalkameras, die in Taiwan bei Herstellern entstanden, die zuvor mit PC-Tastaturen und dann mit Web-Cams ihr Geld verdienten, war die Qualität der Produkte anfangs eher gering. Doch die „Early Adopters“ hatten ihr Spielzeug, während die Mehrheit abwartete, bis die schlimmsten Kinderkrankheiten überwunden waren. Zahlreiche Hersteller blieben bei diesem Entwicklungsprozess auf der Strecke und heute ist nur noch etwa ein halbes Dutzend aktiv, die ihre Produkte unter jedem gewünschten Namen produzieren.

Auch die digitalen Bilderrahmen starteten 2005 mit teils erbärmlicher Qualität als Resteverwertung für jene Displays, die aufgrund ihrer geringen Größe und Auflösung keiner der bisherigen Kunden mehr abnehmen wollte. Heute haben sich diese Bilderrahmen zum Massenmarkt entwickelt. Bis zum Jahre 2020 wird alleine für die EU ein Bestand von 155 Millionen digitaler Bilderrahmen erwartet.

Foto des Pico-Beamers von Optoma

Mit den Mini-Projektoren versucht nun seit zwei Jahren eine neue Klasse elektronischer Geräten ihr Glück im Markt. Mangels Platz für eine ordentliche Lampe als Lichtquelle wird in die digitalen Bildwerferchen meist eine LED als Lichtquelle eingebaut. Kompakt und lichtschwach mit maximal etwa 13 ANSI-Lumen sollen sich die Geräte für die Projektion von Bildern unterwegs eignen. Bei einer Bilddiagonalen von maximal 1,2 m muss der Raum schon ziemlich stark abgedunkelt werden, damit man das projizierte Bild noch erkennen kann. Lichtstärkere LEDs hat der amerikanische Hersteller 3M zwar in Vorbereitung. Diese enthalten jedoch Cadmium und benötigen daher eine Ausnahmegenehmigung (RoHS exemption) für den europäischen Markt.

Neben der schwachen Lichtquelle leiden die kompakten Projektoren vielfach auch unter einer umständlichen Bedienung. Ohne Fernbedienung muss man jede Einstellung am Projektor selbst vornehmen. Foto des MPro110 mit ZubehörDie mitgelieferten Mini-Stativchen kommen da schnell aus dem Gleichgewicht und der Projektor muss wieder neu auf die Projektionsfläche ausgerichtet werden. Bei einigen Projektoren fehlt auch die Tonwiedergabe, und was am meisten stört, das ist die zumeist umständliche Kabelei. So kann man den neuen xyx Mpro 120 von 3M zwar direkt an eine Digitalkamera anschließen, die dazu benötigten Kabel brauchen aber deutlich mehr Platz im Gepäck als der ganze Projektor.

Wie die kompakte Projektion ganz ohne Kabelverhau möglich ist, zeigt die Coolpix-S1000pj von Nikon. Da ist der Projektor in eine Kompaktkamera integriert. Nur: allzu lichtstark ist diese Lösung auch nicht und die Bilddiagonale misst nur ca. 13 cm bis maximal ca. 1 m.

Wir werden also noch einige Kinderkrankheiten bei dieser Produktgruppe feststellen müssen, bevor die Projektoren das Potential für den Massenmarkt haben. Doch vielleicht geht es den Mini-Projektoren ja so ähnlich wie ihren größeren Brüdern. Nachdem die inzwischen von großformatigen Flachbildschirmen mit LED-Lichtquelle verdrängt werden, suchen sie ihr Überleben im Bereich 3D.

(CJ)