Foto: Herlinde KoelblPorträtfoto von Herlinde KoelblHerlinde Koelbls fotografisches Werk ist weltbekannt – umso verdienstvoller, dass im Berliner Martin-Gropius-Bau nun eine erste Überblicksausstellung ihr Gesamtwerk vorstellt. 250 Fotografien aus drei Jahrzehnten werden präsentiert:

 
 
 
 

Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: „Feine Leute“; Frankfurt 1985

„Männer“, das war der Anfang. Das 1984 erstmals erschienene Foto-Buch, das im Jahr 2000 neu aufgelegt wurde, ist heute ein Klassiker und machte die in Lindau geborene, in München lebende, Herlinde Koelbl schlagartig bekannt. Der weibliche Blick auf den nackten, verletzlichen, männlichen Körper, alles im strengen Schwarzweiß, das war in den achtziger Jahren mehr als ungewöhnlich. Sehr direkt und auf gewisse Weise verunsichernd. Es folgten weitere Bücher, mit denen die Fotografin immer wieder zu polarisieren wusste. „Feine Leute“, „Jüdische Porträts“, „Spuren der Macht“, „Im Schreiben Zuhause“ und „Starke Frauen“ sind die Bekanntesten.
 

Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: Aus der Serie „Männer“; Paris 1983

 

Porträtfoto von Herlinde Koelbl

Auch leuchtete Koelbl – die im Jahr 2001 mit dem renommierten Dr. Erich-Salomon-Preis geehrt wurde – für ihr Buch „Schlafzimmer“ fremde Schlafstätten fotografisch aus, wagte Blicke in die privatesten Lebensräume sehr unterschiedlicher Menschen. Besuchte jene Orte, wo Menschen die Masken ablegen, nackt sind, wo Verletzlichkeit ins Spiel kommt. „Jedes Photo ist zunächst ein flaches Stück Papier“ sagt Herlinde Koelbl. „Doch wenn ein Photo gut ist, nimmt es plötzlich Gestalt an, bekommt eine physische Wirkung auf den Betrachter.“

Und Koelbls Fotografien sind gut, sehr gut, wirken auf den Betrachter, wie auch ihre Fotoserie „Haare“ zeigte, zu der ein Foto-Buch bei Hatje Canz erschienen ist. Mehrere Jahre hat Koelbl mit ihrer 6×6-Hasselblad an der Serie gearbeitet. Wie bei all ihren Projekten ganz ohne Auftrag, frei finanziert, auf eigene Rechnung. Lange Produktionsprozesse, erzählt die Fotografin im Gespräch, ermöglichen einen kritischen Abstand zu den eigenen Bildern und führen zu einem präziseren Blick auf das eigene Tun. Zu einer tieferen Wahrnehmung des Themas.
 

Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: Aus der Serie „Schlafzimmer“; London 2000
 
 
Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: Aus der Serie „Haare“; München 2003

 
Viel Licht sei nötig, erklärt Koelbl, um die Beschaffenheit und Strahlkraft der Haare im Bild möglichst fühlbar zu machen. Ein, wie die Fotografin selbst sagt, „frei assoziiertes Spiel zum Thema Haare in seiner ganzen Vielfalt“. Haare, so Koelbl, seien für viele Menschen mit Erinnerungen an tiefgehende Erlebnisse verbunden. „Meine Bilder sind eine Brücke zwischen künstlerischer Darstellung und der emotionalen Verbindung der Menschen zu diesem Thema.“

All diese Bilder (und viele, viele mehr) sind nun im Martin-Gropius-Bau am Potsdamer Platz in Berlin zu sehen, wo unter dem Titel „Herlinde Koelbl – Fotografien“ die erste Überblicksausstellung über das Gesamtwerk von Herlinde Koelbl präsentiert wird. „Noch nie war ihr Schaffen in der ganzen Vielfalt zu sehen“, so die Veranstalter. 250 Fotografien aus drei Jahrzehnten werden gezeigt, Reportagefotografie, Porträtaufnahmen, abstrakte Arbeiten – aber auch viele unbekannte Aufnahmen. „Ich interessiere mich für Menschen“, so resümiert Koelbl ihr Schaffen. „Aber es muss weiter gehen als unter die Oberfläche. Das ist das ganze Geheimnis.“

(Marc Peschke)
 

Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: Angela Merkel; aus der Serie „Spuren der Macht“; Bonn 1991 und 2006

 
 
Ausstellung:

Herlinde Koelbl – Fotografien
Martin-Gropius-Bau Berlin
17. Juli bis 1. November 2009
Täglich 10 – 20 Uhr geöffnet – ab Oktober Di geschlossen
 

Foto: Herlinde Koelbl

Herlinde Koelbl: Lady with Child; München 1991