Mit dem Jahreswechsel, der in vielen Ländern zum Ende Dezember stattfindet, bietet sich eine gute Gelegenheit, nicht nur in die Vergangenheit zu blicken, sondern auch einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Wie sich in den letzten Monaten gezeigt hat, sind Entwicklungen möglich, die noch Wochen zuvor nur wenige für denkbar erachtet hatten:

In zugegeben etwas weinseliger Stunde kam dieser Tage die Diskussion auf die Frage, in welche Richtung sich die Nutzung fotografischer Techniken denn weiter entwickeln werde. Nachdem sich die Unterhaltung zu Beginn vor allem um die grundsätzliche Frage digital oder analog drehte, war bald klar, dass analoge Techniken der Fotografie auch in Zukunft ihre Daseinsberechtigung im künstlerischen und kommerziellen Umfeld haben werden, wie auch verschiedene Formen der Malerei bis heute überlebten. Manche werden sich den Einsatz teuerer werden Technik auch in Zukunft leisten können, andere werden ihn sich aus beruflichen Gründen leisten müssen. Dies betrifft mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Nutzung digitaler Aufnahmen, die aufgrund weiter beschleunigter Abläufe zwingend erforderlich bleiben. Die professionelle Digitaltechnik bleibt wohl ein Segment, das mehreren Herstellern mit intensivem Kundenkontakt auch weiterhin ein Auskommen bei erträglichen Margen erlauben wird.

Im Massenmarkt der kompakten Digitalkameras sieht die Situation jedoch anders aus. Wie der letzte Test der Stiftung Warentest gezeigt hat, gab es in diesem Segment in letzter Zeit keine Qualitätsverbesserung. Im Gegensatz wurde eine geringere Bildqualität gegenüber früheren Modellen festgestellt. Die Empfehlung lautete, wenn möglich ein Modell aus der vorangegangenen Generation zu kaufen. Wenn neue Kameras schlechter sind als ihre Vorgänger, so bleibt weitgehend nur der Ersatzmarkt für verlorene oder nach Garantie defekte Kameras übrig. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass die nachwachsende Generation potentieller Kamerakäufer sich oftmals mit der Bildqualität der derzeit verfügbaren „Fotohandys“ begnügt und als Käuferschicht eher seltener in Frage kommen wird. Hier könnte der derzeit diskutierte Preissprung von 25% bei Mobiltelefonen mit integrierter Kamera sich auf das Käuferverhalten auswirken.

Hintergrund ist der von der deutschen Bundesregierung und den Niederlanden in die europäische Diskussion eingebrachte Vorschlag, dass Mobiltelefone, die über ein optisches Zoom, eine Auflösung über 4 Megapixel oder eine Videofunktion mit einer Aufnahmekapazität von mehr als 30 Minuten verfügen, mit einem Einfuhrzoll von bis zu 14% beaufschlagt werden sollen. Dadurch werden diese Geräte unter Berücksichtigung der Einfuhrumsatzsteuer von 19% auf den Warenwert sowie die Transportkosten und der üblichen Handelsmarge, um etwa 25% teuerer werden.

Berücksichtigt man die Erfahrung, dass ein großer Teil der mit kompakten Digitalkameras aufgenommenen Bilder als Erinnerungsfotos gedacht sind, um den zuhause geblieben Lieben zeigen zu können, wo man war, so könnten sich in Zukunft ganz neue Geschäftsmodelle ergeben. Nachdem in immer mehr Ländern der Wunsch nach möglichst flächendeckender Videoüberwachung geäußert wird, könnte die hier sich im Aufbau befindliche Infrastruktur genutzt werden, um die entsprechenden Erinnerungsfotos zu erstellen.

Wie in mehreren Untersuchungen belegt wurde, konnten die bislang installierten Überwachungskameras im besten Falle für eine Verlagerung der Kriminaltäts-Schwerpunkte beim Autodiebstahl sorgen. In anderen Bereichen wie der Gewaltkriminalität ließ sich praktisch keine Reduzierung der Kriminalität durch den präventiven Einsatz von Videoüberwachung nachweisen. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass häufig die eingesetzte Videotechnik für Überwachungszwecke wenig geeignet ist, da ihre für die Datenreduzierung eingesetzten Kompressionsmethoden aus dem Bereich der Entertainment-Industrie stammen. Sie rechnen bei höheren Bewegungsgeschwindigkeiten im Bild Details heraus, die das menschliche Auge normalerweise nicht wahrnimmt. Für Unterhaltungsvideos sicher eine zweckmäßige Lösung, führt dies bei Aufnahmen von Überwachungskameras dazu, dass in einer Zeitlupenwiedergabe keine zusätzlichen Details mehr erkennbar sind.

Eine bessere Einzelbildwiedergabe steht somit auf jeden Fall auf der Agenda der Weiterentwicklung der Überwachungstechnik. Ein weiteres Element, das für die großflächige Überwachung noch nicht zufriedenstellend gelöst ist, ist eine automatisierte Gesichtserkennung der aufgenommenen Personen. Entsprechende Feldversuche am Hauptbahnhof von Mainz waren noch nicht zuverlässig genug. Hier sind mit Sicherheit weitere Entwicklungen geplant, die eine verbesserte Erkennung und Zuordnung der erkannten Personen ermöglichen. Eine automatisierte Zuordnung der erkannten Personen über verfügbare biometrische Daten, wie sie für die Erstellung der Personaldokumente benötigt werden, und mit der seit kurzem eingesetzten lebenslangen persönlichen Steuernummer, bietet die Möglichkeit, für jeden Tag und jede bekannte Person ein Bilderalbum zu erstellen. Diese Alben mit den eigenen Fotos könnten dann interessierten Personen zugänglich gemacht werden. Für die Abfrage der Berechtigung ließe sich die in den künftigen Personalausweisen verfügbare integrierte elektronische Signatur einsetzen.

So kann dann jeder seine aktuellen Erinnerungsfotos zusammenstellen, ohne sich mit einer eigenen Kamera belasten zu müssen und die ganze Überwachungsinfrastruktur hätte etwas Nützliches. Auch für die verbliebenen Großlabore würde sich ein neues Geschäftsfeld ergeben. Sie könnten aus dem Internet mit Print-Aufträgen versorgt werden.

Wer jetzt einwendet, dass sich so bestenfalls Erinnerungsfotos aus der freien Natur produzieren lassen, hat sicher recht, aber an dieser Stelle hatte ein Blick auf die unaufhaltsam weiter laufende Uhr die Diskussion beendet und die Runde zum Aufbruch bewogen.

(CJ)