Bei Luciano Rigolinis Fundstücken liegt die fotografische Kunst nicht im Bildermachen, sondern im Auswählen und Transformieren:
Ein kleines, sehr kleines, in Leinen gebundenes Büchlein nur, doch eines, das man nur ungern wieder zur Seite legt: Luciano Rigolinis Band „What you see“ versammelt eine Kollektion anonymer Amateurfotografien, die der 1950 geborene Tessiner Fotokünstler zusammengetragen hat: Alltagsbilder von Straßen und Plätzen, von Strukturen und Dingen, nichts Besonderes eigentlich, doch in der Fülle und Andersartigkeit sehr besonders.
Vor allem auf Flohmärkten hat Rigolini die Bilder gefunden, die er teilweise vergrößert, digital bearbeitet und nun im Buch zusammenführt – und dadurch neu interpretiert. Und es fällt auf: Der Sammler hat eine Liebe zu Bildern, die sich weniger durch ihren Inhalt, als durch ihre Form auszeichnen. Das Ergebnis ist verwunderlich, surreal, abstrakt, grafisch, voller ungesehener, köstlicher Momente, regt die Phantasie an, vor allem auch, weil Rigolini eigene Stadtansichten zwischen die Fundstücke mischt – die hervorragend mit jenen anonymen Bilder korrespondieren.
„Ein Spiel“, so meinen die Kuratoren ganz richtig, „das den Betrachter zwischen Banalität und tieferer Bedeutung hin- und herwirft.“ Die fotografische Kunst ist hier nicht das Bildermachen, sondern das Auswählen und Transformieren. Die 107teilige Installation „What you see“, die in Winterthur jetzt zu sehen ist, wurde vom Verein „Freunde der Fotostiftung Schweiz“ angekauft und der Fotostiftung als Dauerleihgabe übergeben.
(Marc Peschke)
Ausstellung:
Bis 16. November 2008
Fotostiftung Schweiz Winterthur
Buch:
Fotostiftung Schweiz (Hrsg.)
Luciano Rigolini: What you see (bei amazon.de)
Gebunden. Mit einem Text von Peter Pfrunder
Englisch, Deutsch, Französisch, Japanisch
160 Seiten. 107 Abbildungen
Verlag Lars Müller. Baden 2008
ISBN 978-3037781395
Euro 24.90 / CHF 39.90
