Einlassungen zu Sonderwerbeformen, oder auch: „Wollen wir nicht mal eine Geschichte zusammen machen?“

Ein Blick in Mediadaten ist mitunter interessant. Was es da nicht alles zu kaufen gibt. Beispielhaft sei hier Foto Hits herausgegriffen. In deren Mediadaten werden auch sogenannte Sonderwerbeformen angeboten: Titelseite & Titelstory für 8900 Euro und ein Advertorial – eine redaktionell gestaltete werbliche Seite – für 6900 Euro. Just die Seiten – Titel und Titelgeschichte -, die man in besonderer Verantwortung und im hohen Interesse der Redaktion wähnt, sind käuflich. Nicht mehr die Redaktion also entscheidet, was zuvorderst wichtig, berichtens- und hervorhebenswert ist, sondern das bleibt – sozusagen – dem Markt überlassen.
 

Ausriss Foto Hits Sonderheft 2

 
Eine weitere Möglichkeit der Werbung ist „Foto Hits Special“, ein 16- bzw. 32-seitiges Heft „nur für Sie“, für 28.800 bzw. 39.900 Euro. Ähnliche Hefte verlegt auch ProfiFoto aus demselben Verlag. Ich habe mir nicht alle dieser Sonderhefte angesehen, konnte aber in ausgewählten Hefen – zum Beispiel beim Sonderheft Sinar Hy6 (PDF-Datei) oder auch beim Sonderheft Sigma SD14 – an keiner Stelle den Hinweis entdecken, dass es sich um eine von der Firma bezahlte Publikation handelt. (Und ist es in dem Zusammenhang schon zynisch oder noch blauäugig, wenn ein Hersteller / Importeur solche Sonderdrucke online anbietet und dabei vom „objektiven Durchblick“ spricht?)
 

Ausriss Foto Hits Sonderheft 2

 
Das Impressum weist eine Redaktion ganz so aus, als sei die allein der Wahrhaftigkeit verpflichtet gewesen beim Verfassen der Broschüre. Dabei darf vermutet werden, dass, wer knapp 30.000 Euro netto oder mehr ausgibt, in den angepriesenen Abstimmungsphasen auch sicherstellt, dass der Inhalt seinen Wünschen entspricht. Der Tenor dieser Sonderhefte jedenfalls fällt immer begeistert-positiv aus.

Damit sind die Fotohits-Redaktion bzw. der Verlag gfw beileibe nicht allein auf weiter Flur; sie stehen hier stellvertretend für viele (aber nicht: für alle) – die anderen weisen das nur nicht offen in den Mediadaten aus. „Powered by“, „mit freundlicher Unterstützung von“, Advertorial, Promotional usw. – der Werbeformen, die Redaktion und Werbung möglichst geschickt und unauffällig vermischen wollen, sind viele, die Marketing-Menschen auf beiden Seiten einfallsreich. In meinen Anfangstagen als Journalist war ich ein paarmal mit einem Verleger bei Firmen zu Besuch, und hörte mit. Da war dann vom „Lithokosten-Zuschuss“ die Rede. Der lag deutlich höher als die tatsächlichen Lithokosten, dafür bekam die Firma a) überhaupt einen Artikel und durfte den b) vor dem Druck gegenlesen und, falls notwendig, in ihrem Sinne korrigieren. Am Rande Aufgeschnapptes legt nahe, dass auch heute die Redaktion etlicher Titel käuflich ist: „Wollen wir nicht mal eine Geschichte zusammen machen?“

Eine verdecktere Form beschreibt die Bemerkung eines Chefredakteurs, hier sinngemäß zitiert: „Bei uns gibt es keine gekaufte Redaktion. Aber weh tun wollen wir sicher auch niemandem von der Industrie. Du weißt ja, wie das läuft.“

Warum ich das erwähnenswert finde? Unter anderem deshalb, weil mich nachgerade ärgert, dass der Leser, der Adressat der Meldung, zwar bezahlen soll, aber nicht anschaffen darf. Und weil ich es schade finde, wenn Redaktion und Werbung so wenig auseinanderzuhalten sind, denn dann kann bzw. muss ich alles glauben. Oder gar nichts mehr.

(thoMas)
 

Nachtrag (27.10.2008): Eben erreichte uns folgendes Anschreiben des gfw-Verlages, das wir ungekürzt wiedergeben:

Lieber Herr Maschke,

Ihre (erneute) Attacke gegen unseren Verlag amüsiert uns in hohem Maße. Insbesondere die implizite Darstellung Ihres photoscala-Projekts als den Hort des unabhängigen Journalismus’ ist köstlich. Herr Maschke: Darf ich Sie daran erinnern, dass gerade Sie sich ja doch sehr gern von der Fotoindustrie zu aufwändigen In- und Auslandsreisen einladen lassen? Zuletzt waren wir beispielsweise gemeinsam in Istanbul. Der Flug, Ihr Aufenthalt im Luxushotel, das gesamte Programm und die Galadinners wurden dabei vom Kamerahersteller X für Sie bezahlt, und eine nagelneue Digitalkamera gab es als kleine persönliche Gabe für Sie bestimmt auch noch dazu…

Besonders pikant finden wir aber das Detail, dass Sie sich 2004 ja selbst bei genau jenem Verlag, der vermeintlich diese schrecklichen Dinge tut, als Redakteur beworben hatten. Haben Ihre wiederholten Attacken gegen den GFW Verlag und seine Erfolgstitel vielleicht den Hintergrund, dass Ihre Bewerbung seinerzeit von uns abgelehnt wurde? Ebenso wie übrigens Ihre verschiedentlichen Vorstöße, für ProfiFoto als freier Autor tätig sein zu dürfen?

In diesem Sinne nichts für ungut, und sollten Sie mit photoscala einmal so weit kommen, dass dort – statt des unredigierten Wiedergebens von Pressemeldungen und Ihrer notorischen Nölerei – einmal echte Redaktion stattfindet, können wir uns gern einmal auf Augenhöhe über das Thema (Foto-)Journalismus“ unterhalten.

Viele Grüße
Martin Knapp
GFW PhotoPublishing