Apertures IconLightrooms IconIm Bereich der RAW-Workflow-Software buhlen zwei renommierte Firmen um die Gunst der Mac-Anwender: Apple und Adobe. Nachdem Apple Anfang des Jahres die stark verbesserte Version 2 von Aperture vorlegte, zog Adobe vor kurzem mit Photoshop Lightroom 2.0 nach. Wir unterziehen die beiden einem Vergleichstest – und küren einen (knappen) Sieger:

Die Ausgangslage

Die digitale Fotografie beherrscht nicht nur das Berufsfeld von professionellen Fotografen. Eine Heerschar ambitionierter Amateure hat den Umstieg in die digitale Welt inzwischen ebenfalls vollzogen. Deswegen verwundert es nicht, dass sich die Software-Hersteller ins Zeug legen, um den Workflow so effizient wie möglich zu machen. Die Herausforderung besteht nicht mehr nur darin, die Datenbestände zu sichten und zu sortieren. Die besondere Aufgabe ist, neben Bilddatenformaten wie JPEG oder TIFF auch Rohdaten auszulesen und zu bearbeiten.

Darauf verstehen sich Programme wie Adobe Photoshop Lightroom (Windows und Mac) oder Aperture (nur Mac) von Apple. Das hat Auswirkungen auf das Fotografierverhalten: Werden Bilder im RAW-Format gespeichert, dann überlässt der Fotograf die Bildwandlung nicht der Kameratechnik. Der Motiv-Schütze entwickelt seine Bilder später am Computer selbst. Das Angenehme: Die Bildinformationen der Originaldatei bleiben bei der Entwicklung von Belichtung, Schärfe, Helligkeit oder Farbtönen sogar enthalten.

Mit dem Release von Aperture 1.0 hat Apple Ende 2005 für Wirbel gesorgt. Angetreten mit dem Anspruch, einen neuen Standard zu setzen, enttäuschte das Programm mit quälender Langsamkeit und vielen Fehlern. Daraus zog Adobe den Schluss, nicht zu früh dagegenzuhalten. Erst im Februar 2007 (vorausgegangen waren etliche Betaversionen) wurde mit Photoshop Lightroom 1.0 ein Konkurrent an den Start geschickt. Jetzt liegen beide Programme in der zweiten Version vor. Wir wollen sie gründlich unter die Lupe nehmen.

Look & Feel

Aperture 2.1 kommt im Apple-Gewand daher. Dezentes grau, eine klare Optik und das von anderen Programmen bekannte Erscheinungsbild fallen auf. Symbole und Icons erinnern an Keynote, Pages und die iLife-Suite. Wer Apple-Software kennt, der fühlt sich schnell bei Aperture heimisch. Auffällig: Im Gegensatz zur Vorgängerversion hat Apple die Paletten in Karteireiter verpackt und schafft so Platz für das zu bearbeitende Motiv. Praktisch: Aperture unterstützt das Einrichten der Arbeitsumgebung mit Shortcuts (Beispiel: „v“ = Umschalten der Darstellungsoptionen; „f“ = Vollbildmodus). Die Individualisierung der Arbeitsumgebung ist eine Stärke von Aperture 2.1. Zwar versteht sich auch Photoshop Lightroom 2.0 auf die beliebten Shortcuts. An die reichhaltigen Aperture-Möglichkeiten reicht das Adobe-Pendant aber nicht heran.
 

Screenshot der Benutzeroberfläche von Aperture 2.1

Die Benutzeroberfläche von Aperture 2.1

 
Konkurrent Photoshop Lightroom 2.0 kommt mit einem edlen, schwarzen Arbeitsbereich daher. Der wirkt gefällig, jedoch weniger übersichtlich als bei Aperture. Wer aber das zugrunde liegende Prinzip durchschaut hat, der versteht, dass Lightroom den digitalen Workflow anders angeht und keinen statischen Programmaufbau besitzt: Am rechten oberen Fensterrand befindet sich die Modulauswahl mit den Punkten „Bibliothek“, „Entwickeln“, „Diashow“, „Drucken“ und „Web“. An den rechten und linken Fensterflanken sind die Bedienfelder, die sich analog zum gewählten Modul ändern.

Import

Aperture und Lightroom haben beim Umgang mit RAW-Daten dazugelernt – verfolgen aber unterschiedliche Ansätze. Während Lightroom auf das hauseigene Camera Raw-Werkzeug vertraut, das auch in Photoshop zum Einsatz kommt, ist bei Aperture Mac OS X für die Konvertierung verantwortlich. Das kann besonders bei älteren Kameramodellen dazu führen, dass das eine oder andere Format nicht erkannt wird. Ein umständlicher Import über den Adobe RAW-Konverter ist dann unumgänglich.
 

Screenshot der Benutzeroberfläche von Photoshop Lightroom 2.0

Die Benutzeroberfläche von Photoshop Lightroom 2.0

 
Der RAW-Konverter von Aperture wurde komplett überarbeitet und setzt die Farben jetzt natürlicher um. Grün- und Gelbstichigkeit der Vorgängerversion sind verschwunden. In Lightroom gibt es keinen Grund zur Klage: Die Farben werden natürlich umgesetzt. Aperture erkennt die 100 gängigsten Kameramodelle. Mit 190 Geräten sind in Lightroom deutlich mehr Apparate zu Hause. Versierten Benutzern gewährt Adobe Zugriff auf flexible Kameraprofile. Außerdem lassen sich individuelle Kameraprofile erstellen. Das kann Aperture zwar auch, aber die individuellen Möglichkeiten des Lightrooms sind deutlich größer.

Screenshot der Palette von Lightroom

Generell importieren beide Programme Daten von den unterschiedlichsten Datenquellen schnell, in guter Qualität und ohne Probleme. Dabei können Dateien automatisch umbenannt und Ordner erstellt werden. Gewünschte Einstellungen der Metadaten sind schon während des Imports anzuwenden. Metadaten können in den Formaten IPTC, EXIF oder XMP angezeigt werden. Häufig verwendete Einstellungen lassen sich speichern. Benennungsregeln können definiert und beim Import angewendet werden.

Bearbeiten & Verwalten

Die neue Version 2.0 von Lightroom wartet mit zahlreichen Features auf, die das Arbeiten schneller und präziser machen. Fotografen mit großen Bildkatalogen wissen das zu schätzen. Besonders bei der Bildverwaltung weiß Lightroom zu punkten. Jetzt ist es möglich, Aufnahmen über unterschiedliche Laufwerke zu suchen. Die praktische Bibliotheks-Filterleiste hilft Nutzern bei der Suche. Die neue Funktion „Stichwortvorschläge“ erleichtert die Verschlagwortung von Fotos.

Mit dem aktualisierten Entwicklungstool ist es möglich, Parameter wie Farbe, Belichtung oder Tonskala für bestimmte Bildbereiche zu korrigieren. Der Rest bleibt von den Änderungen unberührt. Lightroom unterstützt außerdem das Arbeiten an zwei Monitoren – ein gerne genutztes Feature in professionellen Kreisen.

Aperture setzt dem die Arbeit im praktischen Vollbildmodus entgegen. Dort können Schwebepaletten frei positioniert werden. Ein nicht zu unterschätzendes Detail, das seine Stärken bei der mobilen Nutzung ausspielen kann. Eine wertvolle Funktion ist der Befehle-Editor. Die Beschäftigung mit den Tastaturkürzeln lohnt sich besonders. Über Aperture -> Befehle -> Anpassen präsentiert sich eine virtuelle Tastatur inklusive Belegungsliste. Neue Shortcuts lassen sich dort definieren und auch versierte Anwender finden hier noch unbekannte Kombinationen, die das Arbeiten erleichtern.

Systemvoraussetzungen & Performance

Bei den Systemvoraussetzungen wird deutlich, dass Apple nicht nur Software herstellt, sondern auch Computer verkauft. Während die zweite Evolutionsstufe von Lightroom mit 1 GB Festplattenplatz auskommt und auch noch auf einem betagten G4-Mac zum Laufen zu bewegen ist, wünscht Aperture 2.1 eine bessere Hardwareausstattung. Ein G5-Prozessor sollte es als Basis schon sein. Zusätzlich sind 5 GB Festplattenplatz für das Programm und zahlreiche Beispielprojekte vonnöten. Deutlich mehr Spaß machen beide Programme auf Rechnern mit Intels Core 2 Duo – weil sie die Leistungsfähigkeit von zwei Prozessorkernen voll ausnutzen.

Screenshot der Palette von Aperture

War die Performance von Aperture 1.0 noch ein Manko, so hat das Apple-Produkt aufgeholt. Das war bitter nötig, während Lightroom schon in der ersten Version flott zu Werke ging. Im Vergleich hat Adobe immer noch die Nase vorne. Die Unterschiede sind jedoch ebenso minimal wie in der Disziplin „Präsentation“, die beide Kontrahenten beherrschen. Apple bindet Aperture an iLife, Keynote, Pages und Mail an. Lightroom kooperiert eng mit den hauseigenen Adobe-Produkten.

Fazit

Aperture 2.1 forciert die Verzahnung mit den eigenen Produkten. Neben der Anbindung an die iLife-Suite respektive iPhoto korrespondiert Aperture auch mit MobileMe. Mit diesen semiprofessionellen Tools lassen sich professionelle Arbeitsergebnisse bei moderaten Kosten erzielen. Den Rechnern liegen die entsprechenden Programme bei. Lediglich diejenigen, die „Leopard“ nachkaufen, bittet Apple für iLife zur Kasse.

Adobe kann dem mächtige Werkzeuge entgegensetzen, die auf der Softwareseite mehr denn je den Maßstab setzen. Und so ist es wenig verwunderlich, dass die Anbindung von Lightroom 2.0 an die Creative Suite 3 – insbesondere Photoshop CS3 – kaum besser sein könnte. Das schlägt sich in den Kosten nieder: Während Apple für Aperture 2.1 vergleichsweise günstige 199 Euro (Update: 99 Euro) verlangt, ist Lightroom 2.0 ab 269 Euro (Update: 114 Euro) zu haben.

Im Vergleich zur Vorgängerversion hat Apple Aperture 2.1 eine wahre Frischzellenkur verpasst und in puncto Performance deutlich zugelegt. Die Schwächen sind ausgemerzt. Aperture 2.1 ist ein funktionelles und leicht zu bedienendes Werkzeug, mit dem die Arbeit auch an großen Fotokatalogen Spaß macht. Die intuitiv zu bedienende Software glänzt mit den Features, die auch andere Software aus dem Hause Apple auszeichnet. Im Ergebnis ist Aperture in keiner Disziplin deutlich gegen Lightroom 2.0 abgefallen.

Trotzdem: Photoshop Lightroom ist das Programm für professionelle Ansprüche. Bis auf die vorbildliche Bedienung des Apple-Produkts hat Lightroom in allen anderen Disziplinen die Nase vorne, weil es dem Anwender mehr Freiheiten und Möglichkeiten bietet – und das auf höchstem Niveau. Die erkauft man sich mit einer längeren Einarbeitung.

Doch Aperture hat aufgeholt und man darf schon jetzt auf die Nachfolger genauso gespannt sein, wie auf die Fähigkeiten freier Entwickler. Hat doch Aperture mit Version 2.1 die Tür für Plug-ins geöffnet.
 
 
Links
Aperture 2.1.1: ProduktseiteDemoversion
Photoshop Lightroom 2.0: ProduktseiteDemoversion

(Jürgen Ponath)