Die Verfügbarkeit von billigen Fotohandys hat im Irak zu einem starken Anstieg von Frauenmorden im Namen der Familienehre geführt, weiß The Independent zu berichten:

Mit Mobiltelefonen halten junge Iraker gerne Aspekte ihres Liebeslebens fest und prahlen damit vor Freunden. Diese Bilder zirkulieren dann im Freundeskreis und auch die Familie bekommt sie schließlich zu sehen. Da die Moralvorstellungen im Irak teilweise sehr archaisch sind, führt dies nicht selten zu Mordversuchen seitens der eigenen Familie. Vorehelicher Geschlechtsverkehr oder außereheliche Beziehungen sind im Irak Grund genug für viele Familien, Ehrenmorde zu begehen, berichtet die Zeitung The Independent.

Im Jahr 2007 wurden mindestens 350 Frauen Opfer von Gewalt als Folge von Fotohandy-Beweisen, meint Amanj Khalil vom Institut für Kriegs- und Friedensberichterstattung. Diese Zahlen sind Schätzungen von Frauenorganisationen und der Polizei in Sulaymaniyah. Der erste bekannt gewordene Fall ist jener eines 17-jährigen Mädchens, das von einem Jungen gefilmt wurde, während sie Geschlechtsverkehr hatten. Das Video gelangte schließlich in die Hände der beiden Familien. Das Mädchen wurde zwei Tage später umgebracht, er eine Woche später. Seit diesem Ereignis im Jahr 2004 gab es einen starken Anstieg an Gewalt gegen Frauen.

Allein in der irakischen Provinz Kurdistan wurden im ersten Halbjahr 2007 mindestens 255 Frauen Opfer von Ehrenmorden. Dabei ist diese säkular regierte Region die einzige im Irak, in der es Frauenhäuser gibt, in die sich Gewaltopfer flüchten können. Die Dunkelziffer ist in solchen Fällen bekanntermaßen sehr hoch. In anderen Teilen des Iraks dürfte die Opferzahl noch höher sein, da die öffentliche Ordnung dort großteils im Chaos versinkt.

Neben der Verbreitung von fotofähigen Handys hat natürlich auch die ausländische Besatzung Einfluss auf den Anstieg der Ehrenmorde.

(pte / Kristina Sam)