Foto von Heinrich Hoffmann Adolf Hitler; Foto Heinrich Hoffmann „Der Fotograf bildet ab, er hält fest, sonst nichts. Und er verschwindet auch symbolisch unter dem schwarzen Tuch, das ihn verhüllt.“ – sagte Adolf Hitlers Leib-Fotograf hinterher. Doch natürlich war nicht Dokumentation Heinrich Hoffmanns Intention, sondern das Gegenteil davon: Überhöhung und Verklärung Hitlers

Heinrich Hoffmann, der Leib-Fotograf Adolf Hitlers, hatte Glück: Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg, der ihn nach dem Zusammenbruch Nazi-Deutschlands zunächst als Hauptschuldigen eingestuft hatte, revidierte sein Urteil: Der 1885 in Fürth geborene Fotograf des „Führers“, Freund und Vertrauter Hitlers, der überzeugte Nationalsozialist, kam mit nur vier Jahren – und ohne Berufsverbot davon: Schon 1950 wird er wieder aus der Haft entlassen.

Hitler mit Lederhose; Foto Heinrich Hoffman

Joe J. Heydecker, 1997 verstorbener Fotograf und Journalist, der als Soldat unerlaubt die Grauen des Warschauer Ghettos fotografierte und später als einer der wenigen zugelassenen Deutschen über die Nürnberger Prozesse berichtete, traf Heinrich Hoffmann in den fünfziger Jahren zu mehreren Gesprächen. Heydeckers Nachlass ist jetzt Grundlage der Erinnerungen Hoffmanns.

In dem Band „Das Hitler-Bild“ erinnert sich Hoffmann an die Anfänge: Seit 1909 betreibt er ein Fotoatelier in München, 1913 gründet er die Firma „Photobericht Hoffmann“, um sich auf Pressefotografien und Porträts zu spezialisieren. Schon im April 1920 trat Hoffmann als Mitglied Nummer 59 der NSDAP bei und wurde ein enger Freund Dietrich Eckarts, des Herausgebers des „Völkischen Beobachters“, der wiederum ein enger Vertrauter Hitlers war.

1923 machte Hoffmann seine ersten Porträts von Hitler: Erste, experimentelle Arbeiten, bei denen sich Adolf Hitler in Gesten und Posen versuchte. Die Theatralik vieler dieser Bilder ist unerreicht, doch blieben sie zumeist unveröffentlicht: Hitler wollte gemäßigtere Bilder. Bekannt wurde eine Aufnahme, die Hoffmann nach der Haftentlassung Hitlers vor dem Landsberger Stadttor machte.

Foto von Hoffmann und Stalin

Hoffmann, so beschreibt dieses Buch sehr genau, war Hitlers Begleiter an die Macht. Schon in den Sälen bayrischer Braustuben fotografierte er. 1929 lernte Hitler Eva Braun – sie war Lehrling Hoffmanns – im Fotoatelier kennen. Anfang der dreißiger Jahre beschäftigt Hoffmann in seinem „Verlag national-sozialistische Bilder“ zeitweise mehrere hundert Mitarbeiter und vertreibt mit Millionenumsätzen nationalsozialistische Propaganda-Bildbände und Hitler-Porträts. 1938 wird Hoffmann Hitlers offizieller Kunstberater und Mitglied in der Kommission zur „Verwertung der beschlagnahmten Werke entarteter Kunst“. Er beschafft Devisen aus dem Ausland – ist „Reichsbildberichterstatter“ mit Monopolstellung in der Bilderproduktion.

Hoffmann – wie Hitler selbst verhinderter Maler, sein Vater hatte ihm das Kunststudium verboten – war ein Könner der Inszenierung von Macht – und einer, der dieses Können ganz selbstverständlich in den Dienst des Nationalsozialismus stellte. Nach dem Krieg konnte Hoffmann – ganz wie Leni Riefenstahl – dabei keine Schuld erkennen: „Der Fotograf bildet ab, er hält fest, sonst nichts. Und er verschwindet auch symbolisch unter dem schwarzen Tuch, das ihn verhüllt“, schreibt Hoffmann.

„Wenn der Verschluss meiner Kamera klickte“, so Hoffmann weiter, „kam es nicht auf mich an, was sich gerade vor der Linse befand. Die Weltgeschichte selbst, dieses Gewebe von Geschehnissen, das sich dem Einfluss des Einzelnen entzieht, stellte die Szene … Sie war das Theater, und ich fotografierte die Bühnenbilder, egal, wer gerade das Stichwort vor oder hinter den Kulissen bekommen hatte.“ Doch natürlich war nicht Dokumentation Hoffmanns fotografische Strategie, sondern das Gegenteil davon: Überhöhung, Mythos und Verklärung Hitlers war das Ziel – die gewollte Inszenierung von Bildern eines Heilsbringers. Führer-Kult.
 

Foto von Heinrich Hoffmans Verkaufsraum

Heinrich Hoffmans Verkaufsraum

 
Es sind viele Hitler-Bilder, die Hoffmann, das Auge des „Dritten Reiches“, kreiert hat: Bilder eines leutseligen, gut gelaunten Mannes, Bildes eines Fanatikers, eines Besessenen, eines Hysterikers, eines Vulgären im Delirium. Kitschige Bilder eines Hundefreunds. Eines Naturliebhabers. Widersprüchliche, doch perfekte Bilder, welche die Macht des fotografischen Propagandabildes noch einmal vor Augen führen.

Das „Hitler-Bild“ ist ein Buch von historischem Wert, das – anders etwa als der Bildband „Hitler. Gesichter eines Diktators“ aus dem Jahr 2005 – die Bilder nicht für sich sprechen lässt, sondern den Erinnerungen des Fotografen Raum gibt: Seite für Seite desavouiert sich Hoffmann vor dem Leser als das, was er war: Fotograf und Unterstützer der nationalsozialistischen Idee, kreativer Helfershelfer der Katastrophe des 20. Jahrhunderts, der hernach keine Schuld an seinem Tun erkennen wollte.

(Marc Peschke)

Hitler beim Rodeln; Foto Heinrich Hoffmann

 
 
Joe J. Heydecker und Heinrich Hoffmann
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Die Erinnerungen des Fotografen Heinrich Hoffmann
Mit einem Nachwort von Georg Seeßlen und mit einer Bildauswahl und -kommentaren von Milena Greif
Gebunden. 248 Seiten
Residenz Verlag. St. Pölten 2008
ISBN 978-3701730919
22 Euro / sFr 39