Die Hy6 von Franke & Heidecke ist die wohl interessanteste Mittelformatkamera dieser Tage: Weil Hasselblad seine neuen Gehäuse gänzlich mit Imacon-Rückteilen verheiratet hat, müssen sich PhaseOne, Leaf, Sinar usw. nach Gehäusealternativen für ihre Rückteile umsehen und da kommt die Hy6 gerade zur rechten Zeit. Jetzt gibt es Neuigkeiten aus den Entwicklungs- und Verkaufsabteilungen bei Franke & Heidecke:

Aus der Verkaufsabteilung:

Wem die Hy6 nun gehört bzw. wer sie wem verkaufen darf, das war ja eine Zeit lang nicht so ganz klar. Auf der photokina 2006 vorgestellt, war die Hy6 mit unterschiedlichen Namensschildern als Rolleiflex, Sinar und Leaf zu sehen. Leaf und Jenoptik preschten dann mit einer Pressemitteilung vor, in der Franke & Heidecke mit keinem Wort erwähnt war, woraufhin die Braunschweiger kurz darauf eine Art Gegenentwurf verfassten.

Aktueller Stand der Dinge (siehe dazu auch die Rede von Bodo Fischer, Geschäftsführer von Franke & Heidecke): Jenoptik hat die Konstruktion der Hy6 mit bislang drei und in der Summe dann rund vier Millionen Euro nicht nur gestützt, sondern überhaupt erst ermöglicht. Dafür hat Jenoptik jetzt aber auch das Sagen, was die Zukunft der Kamera angeht. Zunächst einmal gibt es einen dreijährigen Liefervertrag; pro Jahr werden 1500 Exemplare an Jenoptik bzw. Leaf – oder wen auch immer sich Jenoptik noch ausgucken mag – geliefert und das ist auch exakt die augenblickliche Produktionskapazität von Franke & Heidecke.

Es deutet alles darauf hin, dass Jenoptik auch bei einer eventuellen Kapazitätserhöhung bestimmen kann, was mit den Kameras geschieht. Wobei natürlich auch nicht ausgeschlossen ist, dass Jenoptik eine Rolleiflex zulässt. Auch über diese drei Jahre hinaus scheint Jenoptik die Geschicke der Hy6 bestimmen zu können. Zumindest legten Äußerungen aus dem Hause Franke & Heidecke nahe, dass die Verträge so gestaltet sind.

Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, und darüber wird wohl gerade verhandelt, dass die Hy6 auch als Rolleiflex auf dem Markt kommen wird. Sicher ist das aber noch nicht. Geschäftsführer Bodo Fischer wollte sich da nicht festlegen lassen, auch, um mögliche Ergebnisse aktueller Gespräche mit Jenoptik nicht vorwegzunehmen bzw. zu gefährden: „Gehen Sie mal davon aus, dass nicht auszuschließen ist, dass es eine Rolleiflex Hy6 geben wird.“

Sicher ist bislang lediglich, dass eine Hy6, egal welches Typenschild sie trägt und tragen wird, in Braunschweig bei Franke & Heidecke gefertigt sein wird.

Wie dem auch sei, Franke & Heidecke erhofft sich auch ein gutes Geschäft aus dem Verkauf von Zubehör, vor allem Objektiven, passen doch an eine Hy6 ausschließlich Objektive der Rolleiflex-6000-Serie bzw. eben solche mit dem Bajonett von Franke & Heidecke.

Aus der Entwicklungsabteilung:

Für eine echte 6×6-Kamera ist die Hy6 bemerkenswert kompakt geraten. Die Entwickler fanden auf der Suche nach Kompaktheit diverse Bauteile, die eingespart werden konnten. So fiel der Motor im Kameragehäuse weg, da die neuen Filmmagazine einen eigenen Motor haben und Digitalrückteile keinen benötigen. Im gleichen Zug bekam der Spiegel einen Direktantrieb, was nebenbei auch außergewöhnliche Geschwindigkeiten erlaubt: Spielt das analoge oder digitale Rückteil mit, dann sind bis zu 3 B/s realisierbar; bei hochgeklapptem Spiegel sind gar 10 B/s und mehr möglich – Grenzen setzt hier die gewählte Verschlusszeit.



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Im Augenblick wird gerade der zweite Prototyp gefertigt, in den Anregungen und erste Reaktionen auf den photokina-Prototypen einfließen. Anschließend soll er die hausinternen Tests (Klimakammer, Rütteltest usw.) und Praxistests mit Fotografen durchlaufen, bevor die Hy6 im April in die Serienfertigung geht – und ab diesem Zeitpunkt auch ausgeliefert wird. Bei 125 Stück, die pro Monat gefertigt werden, könnte das in den ersten Monaten einen Engpass für die Interessenten (einer Leaf Afi) bedeuten.

Ob es die Konstrukteure schaffen, dass auch SLX-Objektive mit der Hy6 kompatibel sein werden, ist noch nicht klar. Es soll alles dazu getan werden. Falls es doch nicht klappt, bleibt die Möglichkeit, diese Objektive in Braunschweig auf PQS umrüsten zu lassen.

Zur Hy6 soll es auch eine neue digitaltaugliche Objektivreihe von Schneider Kreuznach geben, wobei es sich wohl um folgende Brennweiten handelt:

• AFD Xenotar 2,8/80 PQS
• AFD Super-Angulon 2,8/50 HFT PQS
• AFD Tele-Xenar 2,8/180 PQS
• AFD Variogon 4,6/60-140 PQS
• AFD Tele-Xenar 4/150 HFT PQS

Die Objektive werden gerade gerechnet und konstruiert und sie sollen zeitgleich mit der Hy6 im April 2007 verfügbar sein. Die neuen Rechnungen versprechen laut Franke & Heidecke bei Digitalrückteilen mit hohen Auflösungen (39 Megapixel und mehr) bzw. kleineren Pixeln deutlich bessere Leistung – besonders im Bildrandbereich. Typische MTF-Kurven zeigen eine sehr hohe Leistung in Bildmitte, die die Anforderungen oft übererfüllt, allerdings zu den Rändern hin mehr oder weniger stark abfällt. Nun soll die Gesamtleistung der Objektive gesteigert werden, indem die Abbildungsgüte gewissermaßen einnivelliert wird: Durch den Verzicht auf maximale Leistung in Bildmitte kann demnach die Qualität übers gesamte Bildfeld angehoben werden; die von den hochauflösenden Digitalrückteilen mit 39 Megapixeln und mehr verlangten Auflösungswerte werden damit von Bildmitte bis -rand erreicht.

(thoMas)