In der Fotografie hat in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden, und kaum einer hat‘s bemerkt

Ein Paradigmenwechsel (Paradigma = Muster, Auffassung) liegt dann vor, wenn sich die herrschende Auffassung von etwas grundlegend ändert. Klar, werden Sie sagen, ich weiß schon, alter Hut: analog nach digital.

Richtig. Und falsch.

Beim Übergang von analog nach digital haben sich zugrunde liegende Technologien verändert, und manches muss neu gelernt und erprobt werden. Doch Optik und Physik sind geblieben, was sie waren: Berechenbar.

Grundlegend geändert haben sich erst einmal die Kameras bzw. deren Tauglichkeit und Güte. Und in dem Zuge auch die Tauglichkeit der Objektive, denn digital stellt ganz andere Anforderungen.

In den letzten Jahrzehnten des letzten Jahrtausends (klingt gut, oder?) erlebten analoge Kameras eine Hochblüte. Von preiswert bis teuer – praxistauglich und sehr, sehr brauchbar waren sie alle, von der preiswerten Einwegkamera bis zum teuren Profimodell. Ein beliebiges Spiegelreflexgehäuse (250 – 1500 Euro) und ein gutes Objektiv (250-1500 Euro; Billigzooms ausgenommen) dazu – und dem technisch perfekten Foto stand nichts mehr im Wege.

Digitalkameras dagegen… Na, Sie wissen schon.

(Falls Sie es nicht so recht wissen, hier ein paar Stichpunkte: Auflösung, Vollformat, Preis, Leistung, Bildfehler, Weitwinkelschwäche, digitaltaugliche Objektive, Farbmanagement, Langzeithaltbarkeit, …)

Und nein, ich will jetzt nicht ausgewogen argumentieren. Will nicht auf die „variable“ Empfindlichkeit hinweisen, wo früher mehrere Filmtypen / Gehäuse benötigt wurden. Will nicht sagen, dass – Rauschen hin oder her – Digitalkameras qualitativ bessere Aufnahmen bei hoher Empfindlichkeit machen können als das mit Film möglich ist. Will nicht zugestehen, dass das Verwalten, Archivieren und Wiederfinden viel einfacher und übersichtlicher geworden ist. Will rein gar nichts pro Digitalfotografie in die Waagschale werfen.

Ich will kein Kroppzeug (1,6x, 1,5x, 1,3x oder was auch immer). Ich will eine taugliche Kamera samt tauglichen Objektiven kaufen können. Zu tauglichen Preisen.

Doch es besteht berechtigte Hoffnung, werden doch auch Digitalkameras immer besser. Und es wird wieder einen Paradigmenwechsel geben: Der Fotograf muss dann nicht mehr zwischen zwei Übeln das Kleinere wählen, sondern kann unter Gutem das für sich Beste aussuchen.

Mag aber auch sein, ich sehe einfach nur zu schwarz, und die Digitaltechnik ist schon längst ausgereift …

Ihnen ein schönes Wochenende

thoMas

PS: Passt gut zum Thema:
Nikon Digital Imaging Technologies and the D200 (hier ist – auf Englisch – die Rede von den bereits erreichten Fortschritten und von den noch vorhandenen Beschränkungen der Digitaltechnik. Pro Nikon, natürlich, nichtsdestotrotz für alle interessant. Dank an General Consultant für den Hinweis).
The appeal of full frame CMOS sensors (englische Canon-Seite zu den Vorzügen des Vollformatsensors, wobei man nicht alles für bare Münze nehmen muss)

PPS: Passt auch:
Digitale Fotografie: Kunst oder künstlich?