Gänzlich überraschend hat AgfaPhoto einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Besonders unangenehm überrascht wurden die Arbeitnehmer von dieser Maßnahme, die sehr überhastet erscheint. Auch der Verbleib von knapp 400 Millionen Euro ist bislang unklar:

Nach Medienberichten wurde der Insolvenzantrag (siehe auch AgfaPhoto stellt Antrag auf Insolvenzverfahren) tatsächlich schon am 20. Mai gestellt, die Mitarbeiter erfuhren von dieser Tatsache allerdings erst am 25. Mai, sie wurden bis zu dem Tag völlig ahnungslos gehalten und selbst der Betriebsrat wurde noch am 12. Mai in einem Wirtschaftsausschuss, wo es um die weitere Ausrichtung des Unternehmens ging, im Unklaren gelassen.

Weiter wird gemeldet, dass der bestellte Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier das Unternehmen so weit als möglich erhalten will und dass die wohl dringlichste wenn auch nicht wichtigste Frage für die Mitarbeiter beantwortet ist: Die Zahlung der Gehälter für den Mai ist gesichert.

Die Zukunft des Unternehmens ist jedoch ungewiss; laut Welt werden Agfa-intern der Sparte „Digitalentwickler“ (450 Mitarbeiter in Bayern) noch die besten Aussichten eingeräumt. Der Fortbestand des Standorts Leverkusen dagegen (850 Mitarbeiter; Fotopapiere) ist ungesichert. Mittlerweile stehen bereits erste Teile der Produktion still, weil Zulieferer keine Ware mehr anliefern.

Besonders pikant: Augenscheinlich fehlen dem Unternehmen ganz plötzlich sowohl Eigenkapital wie Barreserve. Nach Informationen der Welt verfügte AgfaPhoto noch im September 2004 über ein Eigenkapital von 300 Mio. Euro und 72 Mio. Euro an Barmitteln. „Das Geld ist nun aber weg“, so die Zeitung. Angesichts eines Betriebsverlustes von 84 Mio. Euro für das gesamte Geschäftsjahr 2003 erhebt sich die Frage, wo und wie jetzt in nur einem halben Jahr rund viermal so viel Kapital versenkt werden konnte – trotz Sparmaßnahmen. Zitat aus einem Welt-Kommentar: „Die schnelle Pleite und die Art und Weise, wie die Insolvenz nun fast schon zufällig bekannt wurde, lässt den Verdacht auf gravierende Management-Fehler aufkommen.“

Agfa-Gevaert – der einstige Mutterkonzern, der den Bereich Filme- und Fotopapier zum 1. November an eine Gruppe deutscher und amerikanischer Investoren verkauft hat (Agfa-Gevaert hat Fotosparte verkauft: AgfaPhoto startet) – mag nur geringe Auswirkungen auf das eigene Geschäft erkennen: „Agfa-Gevaert erwartet daher nicht, dass der Insolvenzantrag von AgfaPhoto eine beträchtliche Auswirkung auf Agfa-Gevaert haben wird.“ heißt es in einer Pressemeldung.

Möglicherweise kommt aber auch Agfa-Gevaert nicht nur mit einem blauen Auge aus dieser Pleite: Nach Informationen der Welt will Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeier auch die Solvenzerklärung der Belgier prüfen, die beim Verkauf für AgfaPhoto abgegeben wurde. Sollte sich herausstellen, dass die finanzielle Ausstattung nicht nachhaltig ausreichend war, könnten die Mitarbeiter der AgfaPhoto auf eine Rückkehr zum früheren Mutterkonzern klagen; der Verkauf könnte de facto rückgängig gemacht werden.

Augenblicklich scheint aber eine andere Lösung wahrscheinlicher: Nach Informationen der Welt (die sich wirklich sehr rührig um Agfa-Informationen bemüht) strebt das Unternehmen jetzt ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an, das die Eigenständigkeit des Unternehmens erhalten und die Geschäftstätigkeit aufrecht erhalten soll.

Es wird nicht einfach für die alte Agfa, und auch nicht für die neue AgfaPhoto.

(thoMas)