Seit kurzem erregt Nikons RAW-Verschlüsselung die Gemüter. Wem gehören diese Daten? Fotograf oder Hersteller? Doch Nikon scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein; mindestens Phase One, Sony, Foveon und Canon verschlüsseln gleichfalls auf die ein oder andere Art:

Wie Dave Coffin, Autor von dcraw, auf seiner dcraw-Homepage mitteilt, ist das von Thomas Knoll (Adobe-Photoshop-Entwickler) angesichts Nikons RAW-Verschlüsselung aufgebrachte Thema (Adobe darf diese Daten nicht legal dekodieren) nichts Neues bzw. weiter verbreitet als gedacht: Die RAW-Dateien von Phase One, Sony, Foveon und Canon sind nach seinen Angaben ebenfalls teilweise verschlüsselt abgelegt.

(Nur mal so am Rande: Das Thema wurde von Thomas Knoll / Adobe aufgebracht und die Diskussion führt fast zwangsläufig zum offenen DNG-Format, das viele Vorzüge hat – aber just von Adobe stammt, die ein ureigenes Interesse daran haben, DNG so wie PDF zum Standard zu machen. Dennoch – dieses offengelegte Format ist besser und zukunftssicherer als all die vielen proprietären Formate, seien sie nun verschlüsselt oder nicht.)

Mit den rechtlichen Fragen haben wir uns bereits in Nikons verschlüsselte RAW-Informationen auseinandergesetzt. Das dort Gesagte gilt sinngemäß natürlich auch für die anderen Hersteller bzw. für die Entschlüsselung von deren RAW-Dateien (es ist de jure nicht erlaubt).

In einem Interview mit dpreview gibt sich der Entwickler Dave Coffin allerdings ganz gelassen: „Wenn mich jemand verklagen würde, wäre ich der größte Held freier Software seit Jon Johanson“ (dem gelang mit DeCSS die DVD-Entschlüsselung, er machte Schlagzeilen, wurde verklagt und nach jahrelangem Prozess freigesprochen). „Für die Kamerahersteller ist es besser, mich zu ignorieren und darauf zu hoffen, dass ich das Interesse verliere. … Fotografen sorgen sich aus guten Gründen. Da sie keine Computerhacker sind, fühlen sie sich ohnmächtig, Nikon zu hindern, Eigentumsrechte an ihren Fotos zu beanspruchen. Ich mache mir keine großen Sorgen. Was auch immer Nikon als Nächstes ausprobiert, ich rekonstruiere es einfach.“ (hier verwendet Dave Coffin im englischen Original den Begriff „reverse-engineer“, der in diesem Zusammenhang bedeutet, dass er vom fertigen Produkt „RAW-Datei“ ausgehend deren Aufbau und die mögliche Dekodierung untersucht.)

Das klingt forsch, beantwortet aber für den Fotografen die rechtliche Frage nicht. Der kann zwar jetzt etwas beruhigter sein, denn solange Dave Coffin und auch andere (kommerzielle) Entwickler Lust haben bzw. sich einen Gewinn versprechen, wird er seine RAW-Dateien lesen können.

Fraglich ist aber, ob er das bei verschlüsselten RAW-Daten mit inoffiziellen Hilfsmitteln überhaupt darf (mal ganz abgesehen von der Zukunftssicherheit der Daten). Gehören also die RAW-Daten nun dem Fotografen oder dem Kamerahersteller? Und wenn dem Fotografen – kann der Hersteller das durch eine Verschlüsselung unterwandern oder ist in dem Fall die Entschlüsselung doch legal?

Und was passiert, wenn erst einmal Softwarepatente rechtskräftig sind?
Und was, wenn künftig Gesetze neu geschaffen oder verschärft werden (im Bereich Kodierung, Dekodierung, Privatkopie, …)?
Könnten dann (auch früher entstandene) Aufnahmen bzw. RAW-Dateien plötzlich einen Eigentumswechsel vollziehen?

Es bleibt spannend…

Hier geht‘s zum kompletten Interview: RAW storm in a teacup? Dave Coffin interviewed

(thoMas)