Wie bereits gemeldet, verschlüsselt Nikon die Informationen zum Weißabgleich in den NEF-Dateien der D2X und D2Hs. Doch wohl nicht mehr lange,

ist doch die Aufregung groß in der Fotografenwelt und Nikon tut sich damit ganz sicher keinen Gefallen.

Ziel und Zweck dieser Verschlüsselung sind noch unklar, gibt es doch keinen offensichtlichen technischen Grund dafür. Es gibt allerdings einige Indizien, dass dadurch der Verkauf von Nikon Capture angekurbelt werden bzw. die Fotografen an Nikon gebunden werden sollten (siehe auch Kurz und knapp – Nikon verschlüsselt RAW-Informationen).

Aufgebracht hat das Ganze PhotoshopNews: Nikon encrypts D2X white balance metadata, die dann auch einen sehr interessanten Link auf eine (mittlerweile vom Netz genommene) Webseite von Nikon gefunden haben, wo Nikon Capture ganz klar gegenüber Adobe Photoshop favorisiert wird: Was hat das mit Photoshop zu zun? Als Grafikersoftware ist es hervorragend, um Telefonmasten zu entfernen, einen Schlagschatten hinzuzufügen, oder eine Beschreibung anzuhängen. Aber wenn Sie es benutzen, um Bilder auszurichten und zu beschneiden, oder Kontrast, Helligkeit, Sättigung und Gradation zu verändern oder Filter anzuwenden, dann brauchen Sie es einfach nicht. Capture kann all das und mehr. (Noch ist die Seite im Google-Cache zu finden: Nikon Capture: The Next, Best Step).

Die Aufregung unter Fotografen ist groß, denn sie sagen zu recht, dass die RAW-Daten dem früheren Film vergleichbar sind, dass die Fotos dem Fotografen gehören, und dass es nicht angehen könne, dass Nikon dieses Eigentum des Fotografen in der Nutzung einschränkt.

Mittlerweile hat Nikon auch ein sehr „diplomatisches“ Statement zu der Angelegenheit veröffentlicht (siehe Rob Galbraith; Nikon issues statement on WB storage method used in D2X NEFs), in dem aber rein gar nichts zur Sache ausgesagt wird.

Das Problem: Obwohl es kein Problem ist, die Daten zu entschlüsseln – tatsächlich wurde die Verschlüsselung längst geknackt -, verstößt das in den USA gegen den DMCA (Digital Millennium Copyright Act), und auch in Deutschland ist seit dem Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle vom September 2003 das Umgehen von Kopierschutzmaßnahmen verboten (allerdings nicht der private Erwerb und Besitz von Kopierschutzknackern) – siehe UrhG § 95a Schutz technischer Maßnahmen. Mit der Verschlüsselung signalisiert nun der Hersteller, dass er diese Daten als sein Eigentum betrachtet – und egal, wie gut oder wie schlecht die Verschlüsselung ist – jede Entschlüsselung kommt einem Rechtsbruch gleich. Das ist wie mit Audio-CDs und DVDs: Der Schutz ist längst geknackt, aber dank der neuesten Gesetze darf er nicht mehr umgangen werden (wohingegen private Kopien von ungeschützten Datenträgern nach wie vor erlaubt sind). Das gilt für Deutschland und viele europäische Länder, für die USA sowieso.

Insofern sind Meldungen wie die von heise online „Nikons Raw-Dateiformat geknackt“ obsolet – es machen sich bereits mehrere Programmierer anheischig, das Format entschlüsselt zu haben. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist die Rechtslage: Andere Softwarehersteller sind technisch ohne Weiteres in der Lage, Nikons RAW-Dateien bzw. die Informationen zum Weißabgleich auszulesen, machen sich damit aber strafbar und werden sich deshalb hüten, das zu tun. (Abhilfe ist einfach, wenn auch umständlich: Im fremden RAW-Konvertern muss der Anwender den Weißabgleich manuell einstellen. Auf die Bildqualität hat das keine negativen Auswirkungen.)

Bleibt die Frage, was Nikon damit bezwecken wollte. Wahrscheinlich das eingangs Postulierte: „Sanften Druck“ zur Verkaufsförderung von Nikon Capture auszuüben.

Wir allerdings gehen davon aus, dass Nikon sehr bald „zurückrudert“ und entweder eine offizielle Erklärung abgibt, nach der eine neue Firmware für die beiden Kameras D2X und D2Hs in Entwicklung sei, die unverschlüsselte Daten schreibt – oder aber gleich eine neue Firmware online stellt, die nicht mehr verschlüsselt.

Ist doch der Schaden ist für Nikon ganz offensichtlich größer als ein eventueller Nutzen.

(thoMas)